Boric will chilenische Lithiumindustrie verstaatlichen

Chile ist der zweitgrößte Produzent des für Batterien von Elektrofahrzeugen wichtigen Lithiums weltweit. Lithium-Ionen-Batterien sind Schlüsselkomponenten für die meisten Unterhaltungselektronikgeräte und Elektrofahrzeuge. Chiles Präsident Gabriel Boric erklärte am Donnerstag, er wolle die Lithiumindustrie des Landes verstaatlichen, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Umwelt zu schützen.

„Dies ist die beste Chance, die wir haben, um den Übergang zu einer nachhaltigen und entwickelten Wirtschaft zu schaffen. Wir können es uns nicht leisten, sie zu vergeuden“, sagte Boric in einer Ansprache im chilenischen Fernsehen.

Lithiumverband mit Argentinien, Bolivien und Mexiko

Diese Ankündigung trug dazu bei, dass sich der Lithiumpreis am Freitag in Asien erholte. Sie zerstreute Bedenken hinsichtlich eines Überangebots, das durch einen starken Rückgang der Verkäufe von Elektrofahrzeugen in China, dem größten Automarkt der Welt, in diesem Jahr ausgelöst wurde. Die meistgehandelten Lithiumcarbonat-Futures an der Wuxi Stainless Steel Exchange in China stiegen sprunghaft um 11 Prozent, nachdem sie zuvor am Freitag um fast 11 Prozent gefallen waren. Die Preise für Lithium sind überdies seit ihrem Höchststand im November um mehr als 70 Prozent eingebrochen.

Die Verstaatlichung würde die Kontrolle über Chiles riesige Lithiumbetriebe von den Branchenriesen SQM und Albemarle auf ein eigenes staatliches Unternehmen übertragen. Es folgt damit den Spuren von Mexiko, das im vergangenen Jahr seine Lithiumvorkommen verstaatlicht hat. Mexiko arbeitet auch mit den Regierungen Argentiniens, Boliviens und Chiles zusammen, um einen Lithiumverband zu gründen, damit die Länder, die zusammen mehr als die Hälfte der weltweiten Reserven besitzen, ihr Fachwissen bei der Ausbeutung des Minerals teilen können.

Verträge mit Albemarle und SQM bleiben bestehen

Künftige Lithium-Verträge würden mit diesem Schritt nur noch als öffentlich-private Partnerschaften unter staatlicher Kontrolle vergeben. Die laufenden Verträge mit Albemarle und SQM (weltweit Nummer eins bzw. Nummer zwei unter den Lithiumproduzenten) werden dabei nicht gekündigt. Der Vertrag von SQM läuft im Jahr 2030 aus, der von Albemarle im Jahr 2043.

Boric hofft, dass die Unternehmen für eine staatliche Beteiligung offen seien, bevor die Verträge auslaufen. SQM, dessen zweitgrößter Anteilseigner die chinesische Tianqi Lithium Corporation ist, und Albemarle beliefern namentlich Tesla Inc, LG Energy Solution Ltd. und andere Batteriehersteller.

Albemarle zeigte sich unbekümmert und versprach sich, die Ankündigung werde „keine wesentlichen Auswirkungen auf unser Geschäft“ haben und man werde die Gespräche über Investitionen in weiteres Wachstum und den Einsatz neuer Technologien in Chile fortsetzen. Der südkoreanische Batteriehersteller SK On, der einen langfristigen Liefervertrag mit SQM hat, ließ verlauten, er werde die Entwicklung beobachten und, darauf aufbauend, langfristig planen.

Reichtum gerechter verteilen

Der staatliche Kupferproduzent Codelco soll künftig mit der Suche nach dem besten Weg für ein staatliches Lithiumunternehmen beauftragt werden. Codelco und das staatliche Bergbauunternehmen Enami werden vor der Gründung des nationalen Lithiumunternehmens mit der Exploration und dem Abbau in Gebieten beauftragt, in denen es bereits private Projekte gibt.

Boric sagte, das Land werde die Vorteile des Bergbaus mit den indigenen und umliegenden Gemeinden teilen und sich um den Schutz der Artenvielfalt bemühen.

„Heute stellen wir eine nationale Lithium-Strategie vor, die technisch solide und ehrgeizig ist“, sagte der Präsident und fügte hinzu, sie werde „ein Chile aufbauen, das den von uns allen erwirtschafteten Reichtum gerechter verteilt“.

Dies natürlich in Theorie, denn mit Verstaatlichung unter kapitalistischen Vorzeichen ist zwar dem Staat geholfen – dieser bleibt aber ideeller Gesamtkapitalist bzw. Ausdruck der Wünsche und Bedürfnisse des Monopolkapitals. Die Produktionsverhältnisse, d.h. die Profitmaximierung auf Kosten menschlicher Arbeitskraft und Ausbeutung von Mensch und Natur bleiben unangetastet.

Quelle: Reuters

 

Quelle: Zeitung der Arbeit