18. Juli 2025

18. Juli 2025
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Machtpoker um Nahen Osten

Übernommen von Unsere Zeit:

Ein spektakulärer militärischer Erfolg“, brüstete sich US-Präsident Donald Trump nach dem Angriff auf iranische Atomanlagen. Und er drohte Iran mit einer Katastrophe, die weit über das hinausgehen würde, was bisher geschah, wäre Teheran nicht „zum Frieden bereit“. In der Nacht zum Dienstag dann die Verkündung, ebenfalls von Trump: Es gibt einen Waffenstillstand.

Die Anlagen des iranischen Atomprogramms seien vollständig zerstört worden, erklärte Trump. Wie weit die Schäden wirklich gehen, ist noch keineswegs geklärt. Aber die Zerstörung ging weit über die materielle im Iran hinaus.

Der Atomwaffensperrvertrag soll die zivile Nutzung der Atomenergie fördern. Trump ließ zivile Atomanlagen stattdessen bombardieren und machte deutlich: bei ernsthaften Konflikten bietet einzig der Besitz von Atomwaffen einen gewissen Schutz vor US-Angriffen. Und „Diplomatie“ läuft heute lediglich noch darauf hinaus, Ultimaten zuzustellen. So wie es die europäische Troika am Freitag vergangener Woche im Auftrag Trumps beim Treffen mit dem iranischen Außenminister tat. Es ist gewiss kein Zufall, dass ausgerechnet Außenminister immer mehr zu den Scharfmachern der westlichen Politik werden.

Vor einem Jahr sprach der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress und betonte die enge Zusammenarbeit und die Identität der Inte­ressen der USA und Israels. So wie Israel die Kontrolle über die Region sucht, braucht der US-Imperialismus die Kontrolle über den Nahen Osten als Ausgangspunkt im Versuch, die Konkurrenz von BRICS, China und Russland zu schwächen.

Womöglich glauben die Politiker der EU an das Märchen von der iranischen Atombombe. Ihre Politik reduziert sich darauf, den Iran an den Verhandlungstisch zurückzurufen, den USA und Israel in die Luft gesprengt hatten.

Die Angriffe der USA ebenso wie die Israels und der Genozid in Gaza beruhen auf dem „Vorrecht des Stärkeren“. Dass „Macht“ und nicht „Recht“ die internationalen Beziehungen bestimmt, ist in der Zeit des Imperialismus nichts Neues.

Neu ist, dass USA und NATO mit ihren internationalen – vor allem europäischen – Verbündeten nicht mehr unangefochten die „Stärkeren“ sind. Statt ein „Amerikanisches Jahrhundert“ einzuläuten, wie die neoliberalen Scharfmacher der USA für das 21. Jahrhundert erwarteten, sehen wir den Aufstieg der Staaten Asiens, allen voran Chinas, den Aufbau von Organisationen wie BRICS, das Shanghai-Kooperationsabkommen und andere.

Trump versucht, die verlorengehende Dominanz der USA wieder herzustellen – vergeblich. Den Kampf gegen die Ansar Allah im Jemen mussten die USA ergebnislos abbrechen und im Sinne Israels auf einen Waffenstillstand mit dem Iran drängen.

Denn Israel zahlte einen hohen Preis für seinen Angriff auf den Iran. Immer wieder Luftalarm, unzählige Drohnen, immer mehr Einschläge der iranischen Raketen, Blockade der Häfen und des internationalen Flughafens, die Wirtschaft betroffen. Trumps Behauptung, das iranische Atomprogramm sei vollständig zerstört, hatte Israel einen Ausstieg aus dem Krieg ermöglicht. Der Angriff des Iran auf den US-Stützpunkt in Katar, von dem aus der US-Angriff auf den Iran gestartet worden war, war nur noch eine Randnotiz. Noch in der buchstäblich letzten Sekunde vor Beginn des Waffenstillstands kam es zum wohl schwersten Angriff des Iran, der damit sein Abschreckungspotential deutlich gemacht hat.

„Der Krieg ist aus!?“ – nicht solange Israel den Genozid in Gaza, die Kämpfe auf der Westbank, den Bau von Siedlungen und die Politik der Apartheid betreibt. Trump wird endlich seinen ersehnten Friedensnobelpreis erhalten – aber nur, wenn der Waffenstillstand hält. Die letzten Nachrichten vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe von UZ deuten darauf hin, dass die israelische Regierung den Krieg fortsetzen will.

Quelle: Unsere Zeit