Frankreichs »Sozialisten« drohen mit Gewalt

Gewerkschafter blockieren ein Erdöldepot in Paris. Foto: WeltgewerkschaftsbundAls im Jahre 2012 die Sozialdemokraten den Elyséepalast übernahmen und Präsident Hollande große Töne von sich gab, nun endlich werde das Geld dort geholt wo es liege, anstatt weiter den arbeitenden Massen in die Taschen zu greifen, kam schon fast so etwas wie Euphorie auf. Das ist nun ziemlich genau vier Jahre her und die Euphorie, die französischen »Sozialisten« könnten tatsächlich im Namen der Bevölkerung handeln, längst verflogen.

Der traurige Höhepunkt dieser Regierungszeit hat ein Jahr vor den nächsten Wahlen dafür gesorgt, dass das Land neben der »Terrorabwehr« nun quasi in eine Art doppelten Ausnahmezustand gefallen ist. Die sozialdemokratische Regierung hat am Parlament vorbei eine Art französischer Version der »Agenda 2010« auf den Weg gebracht. Eine »Reform« des Arbeitsgesetzes die mehr »Flexibilität« bringen soll. Aus Erfahrung wissen wir, dass Lohnabhängige bei diesen Vokabeln hellhörig werden sollten, da die Vorteile daraus nicht zu ihren Gunsten verteilt werden.

Und während es seinerzeit in Deutschland traditionsgemäß kaum Widerstände gegen die Agenda gab, wollen sich die enttäuschten Wähler, die damals für die Ablösung der Konservativen gesorgt und sich eine gerechtere Politik versprochen hatten, nicht übers Knie legen lassen. Allen voran die Gewerkschaft CGT, die, gemeinsam mit anderen Syndikaten bereits seit Tagen den Öffentlichen Nah- und Fernverkehr, sowie neuralgische Punkte, wie Raffinerien und Treibstoffdepots bestreikt. Zuletzt kamen nun noch die meisten Atomkraftwerke dazu, sowie die Fluglotsen.

Ministerpräsident Valls wird derweil nicht müde, die Streikenden zu kriminalisieren und Härte zu zeigen. Spezialkräfte der Polizei sollen im Auftrag der »Sozialisten« nun für »Ruhe und Ordnung« im Lande sorgen. Medial unterstützt werden die Ankündigungen gewaltsamer Streikauflösungen von der Sorge um ein mögliches Chaos zu Beginn und während der Fußball-Europameisterschaft, welche in 14 Tagen in Frankreich beginnt und ihrerseits ebenfalls im Namen der Terrorabwehr unter Ausnahmezustand stattfinden wird.

Das diktaturwürdige Durchpeitschen einer solchen »Reform« ein gutes Jahr vor den nächsten Wahlen könnte katastrophale Konsequenzen haben mit Blick auf eine erstarkende Rechte, die mittlerweile auch unter immer mehr Gewerkschaftern Sympathien zu erregen weiß. Der inzwischen äußerst unbeliebte Präsident Hollande dürfte ohnehin kein weiteres Mal zur Wahl antreten und mit dem Fall der sozialdemokratischen Maske im Zuge dieser »Reformen« hat sich auch die PS nun vermutlich völlig bei den arbeitenden Massen disqualifiziert. Im Arte-Interview am Donnerstagmittag drohte Valls den Streikenden erneut mit härteren Mitteln und gab der CGT die Schuld an den derzeitigen Zuständen im Land. Die »reformbereiten« Gewerkschaften, er meint hier die ohnehin sozialdemokratisch befriedeten Syndikate, hätten ja den Dialog geführt. Kurz darauf erklärt er, das Gesetz komme auf jeden Fall, aber über Inhalte könne man noch reden. Ob dies als erstes kleines Anzeichen von Eingeständnis mit Blick auf ein Wahldebakel 2017 gesehen werden kann, wird sich zeigen. Zu vermuten ist eher, dass die mediale Karte, die auch in Deutschland mittlerweile regelmäßig bemüht wird, mit der EM als Trumpf im Ärmel gegen die Streikenden ausgespielt wird. Das Kapital hat viele Waffen, um sozialen Widerstand abzuwürgen, besonders Ultraliberale im sozialdemokratischen Gewand, wie Valls und Konsorten. Das Beispiel Frankreich zeigt, wie organisiertes Wehren gegen sozialen Kahlschlag aussehen kann.

Christoph Kühnemund, Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek