Das wahre Gesicht einer selbsternannten Weltregierung

Zeitung vum Lëtzebuerger VollekBei ihrem Gipfeltreffen auf Sizilien haben die Anführer der sieben angeblich »führenden Industriestaaten« sich wieder einmal alle Mühe gegeben, ihr wahres Gesicht zu verbergen. Mit Ausnahme von Herrn Trump, dem selbstherrlichen neuen Chef im Weißen Haus von Washington, ist das auch einigermaßen gelungen – wenn man nicht allzu genau hinguckt. Tatsächlich offenbart dieses Treffen eine Menge interessante Fakten und Absichten, trotz – oder vielleicht gerade wegen – der inhaltslosen Abschlusserklärung.

Zunächst glauben die Staatenlenker dieser imperialistischen Mächte und des Staatenbündnisses Europäische Union weiterhin an den Mythos, sie seien die Anführer der wichtigsten Staaten der Welt. Sie machen das fest an der von ihnen behaupteten Wirtschaftsleistung und ignorieren in voller Absicht, dass es außer ihren sieben Staaten noch andere Länder gibt, deren Wirtschaftsleistung und politische Bedeutung in Wirklichkeit deutlich höher einzuschätzen ist als zum Beispiel die des gastgebenden Italien, das zudem von einem nicht einmal nach bürgerlich-demokratischen Prinzipien gewählten Regierungschef vertreten wurde. Obwohl auch die bisherigen Treffen der »Großen Sieben« nicht gerade von bahnbrechenden Beschlüssen gekennzeichnet waren, geben sich diese Leute weiterhin trotzig als eine Art »Weltregierung«.

Diesmal sind ihre Beschlüsse noch dünner ausgefallen als bisher. Die wenigen Punkte, in denen ein »Konsens« erzielt wurde, sind derartig unkonkret, dass sie das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen. In der Berichterstattung der Medien und in den Äußerungen der Teilnehmer selbst wird dafür der neue USA-Präsident als Schuldiger ausgemacht. Zwar ist es richtig, dass Trump sich unter Missachtung jeglicher diplomatischer Gepflogenheiten zuweilen wie die Axt im Walde benommen und sich noch dazu immer wieder durch einen recht begrenzten Vorrat an Kenntnissen ausgezeichnet hat. Aber unter dem Strich kommt das vor allem den Staatenlenkern aus EU-Europa sehr zupass. Denn unter Hinweis auf den allseits unbeliebten Trampel Trump können sie nun ihre wahren Pläne besser durchziehen.

Man habe sich mit den USA nicht auf eine gemeinsame Flüchtlingspolitik einigen können, wurde gemeldet. Nun ja, was hindert denn eigentlich die EU und ihre ach so wertebewussten Mitgliedstaaten daran, auch ohne die USA erstens menschenwürdig mit Flüchtlingen umzugehen und zweitens die wahren Fluchtursachen zu benennen und zu bekämpfen? Wer oder was hindert diese Leute daran, etwas weniger Geld für Krieg und Rüstung zu verpulvern und stattdessen der UNO die – an den Militärausgaben gemessen – relativ geringe Summe von 6,9 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, um 20 Millionen Menschen vor dem Hungertod zu bewahren?

Weitgehend einig war man sich – wie zuvor beim NATO-Gipfel – nur dann, wenn es um Rüstung und Krieg geht, um mehr Waffen, höhere Militärausgaben, mehr Konfrontation mit Staaten und politischen Kräften, die nicht nach der Pfeife des westlichen Kapitals zu tanzen bereit sind.

Das Fiasko von Sizilien ist nicht in erster Linie der Uneinigkeit mit der neuen Trump-Regierung geschuldet, sondern ist vor allem ein Ausdruck der wachsenden Widersprüche zwischen den führenden kapitalistischen Mächten, die ausdrücklich nicht »demokratische Werte und Freiheiten« verteidigen, sondern die Interessen der herrschenden Kreise des Kapitals – und dabei geht es eben nicht um das Wohl der arbeitenden Menschen, sondern ausschließlich um das Wohl der Besitzenden.

Leitartikel der Zeitung vum Letzebuerger Vollek vom 29. Mai 2017