Oskar Lafontaine: In den Sumpf zurückkehren, um dem Regen auszuweichen?

Oskar Lafontaine. Foto: Fraktion Die Linke im Landtag SaarlandWir dokumentieren nachstehend einen Kommentar zur zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahl, den Oskar Lafontaine, Fraktionsvorsitzender der Linkspartei im saarländischen Landtag, auf seiner Facebookseite veröffentlichte:

Wäre es nicht so ernst, dann wäre es fast komisch mit anzusehen, wie deutsche Politiker den Franzosen Tipps für die Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag geben. Die Franzosen sind regelrecht „begierig“ darauf, zu erfahren, was deutsche Politiker, von denen die meisten in Frankreich völlig unbekannt sind, zu Macron oder Le Pen meinen.

Sie können es nicht lassen und haben nichts begriffen. In vielen Ländern Europas wird die deutsche Bevormundung schon länger als unerträglich empfunden, und die wirtschaftlich Informierten wissen, dass das deutsche Lohndumping Menschen in Europa arbeitslos gemacht hat und dass die deutschen Sozialabbau-Diktate via Brüssel vor allem in Südeuropa viele in Armut und Elend gestürzt haben.

Auch unsere „Qualitätsmedien“ raten – von einer Minderheit abgesehen – zur Wahl des Investmentbankers Macron. Dass viele französische Intellektuelle davor warnen, weil die Wahl Macrons zu einer weiteren Stärkung des Front National führt, interessiert nicht. Dass demnächst in Frankreich Parlamentswahlen sind und Jean-Luc Mélenchon mit seiner Bewegung „La France insoumise“ versuchen muss, unter den schwierigen Bedingungen des französischen Mehrheitswahlrechts möglichst viele Sitze in der Assemblée nationale zu erobern, um dem Neoliberalismus eines Präsidenten Macron Widerstand entgegenzusetzen, interessiert auch nicht.

Mélenchon, der seine Anhänger beschworen hat, in keinem Fall Le Pen zu wählen, mit deutscher Herrenreiter-Mentalität nötigen zu wollen, auch zur Wahl Macrons aufzurufen, kommt der Aufforderung gleich, sich ins eigene Knie zu schießen. Ein solcher Rat hieße, Mélenchon solle seine Anhänger jetzt verärgern, indem er ihnen empfiehlt, den Mann zu wählen, gegen dessen Politik er schon heute mit Blick auf die Parlamentswahlen im Juni mobilisieren muss.

Régis Debray, Weggefährte Che Guevaras und Berater Mitterands sagte in der Zeitung „Le Monde“: „Zwischen einem Finanzkapital, dem alles erlaubt ist, und einem Sozialismus, der sein kleines Einmaleins vergessen hat, hat sich eine große Bresche geöffnet, und der Luftzug, der von da kommt, treibt seit 20 Jahren die Mühlen Le Pens an. Wer dies fühlt, hat wohl das Recht… sich zu fragen, ob man dem Teufelskreis entkommt, wenn man in den Sumpf zurückkehrt, um dem Regen auszuweichen.“

Die französische Linke muss sich jetzt versammeln, um den Luftzug, der seit 20 Jahren die Mühlen Le Pens antreibt nach der sich abzeichnenden Wahl Macrons nicht zu stark werden zu lassen.

Quelle: Oskar Lafontaine auf Facebook / RedGlobe