Luxemburg macht den Anfang

In den vergangenen Jahren schien es, als wäre die gute alte Tradition der Ostermärsche vergessen, zumindest hier in Luxemburg. Immerhin sind zehn Jahre ins Land gegangen seit dem vorigen Friedensmarsch hierzulande. Seitdem hat sich allerdings viel getan im Hinblick auf Rüstung und Krieg, und die Kommunisten standen weitgehend allein auf weiter Flur, wenn sie ihre Stimme und ihren Protest erhoben gegen immer neue Kriege, gegen Kriegshetze und überbordende Rüstungsausgaben.

Umso wichtiger ist es, daß sich in diesem Jahr mehr als 30 Parteien und Organisationen dem Aufruf der im vergangenen Jahr neu entstandenen »Friddens- und Solidaritéitsplattform« angeschlossen und ihre Mitglieder zur Teilnahme am Ostermarsch unter der Losung »Abrüsten statt Aufrüsten« aufgerufen hatten.
Zwar waren leider nur etwa 600 Menschen dem Aufruf gefolgt, und leider war der Anteil an jungen Menschen noch etwas gering, aber immerhin war es ein Anfang, der Hoffnung gibt, daß die Tradition der Ostermärsche wieder zu einer wirklichen Tradition wird, und daß in der nächsten Zukunft jedes Jahr zu Ostern viele Menschen auf der Straße ihrer Forderung nach Frieden Ausdruck geben, solange, bis dieses unsinnige Aufrüsten endlich beendet wird und sich immer weniger Menschen bereit finden, in Kriege zu ziehen zum Wohle der Profitinteressen und der Weltmachtambitionen der Herrschenden.

Luxemburg machte in diesem Jahr den Anfang bei den Ostermärschen, die in den kommenden Wochen noch in vielen Städten und Regionen in anderen Ländern stattfinden werden. Auch das ist in gutes Zeichen, denn Luxemburg verpulvert zur Zeit wesentlich mehr Geld für Rüstung als in den finstersten Jahren des Kalten Krieges. Zudem haben sich bei einigen politischen Kräften ganz offensichtlich die Prioritäten deutlich verschoben. Die Grünen, einst nicht nur als Umwelt-, sondern auch als Friedenspartei gegründet, waren bei diesem Ostermarsch nicht sichtbar. Das ist vielleicht kein Wunder, denn immerhin ist einer der ihren heute als Armeeminister mit verantwortlich für den Kauf von immer mehr Kriegsgerät, für den Einsatz von Luxemburger Soldaten unter deutschem Kommando in einer NATO-Truppe unmittelbar an der Grenze zu Rußland, und für die Teilnahme der Luxemburger Armee an gefährlichen Kriegsspielen im Ausland.

Zu loben ist die aktive Teilnahme der LSAP und der Gewerkschaft OGBL, die viele ihrer Mitglieder zum Ostermarsch mobilisiert haben. Es ist gut, wenn unter ihnen begeisterte Anhänger der Europäischen Union sind, die sogar die EU als ein Friedensprojekt ansehen, und sich dann die Rede von Raymond Becker anhören können, in der er auch dieser EU vorwirft, für das unmäßige Anwachsen der Rüstung und der Kriegsgefahr an vorderer Stelle mit verantwortlich zu sein.

Der Weg zum Frieden ist, daran gibt es keinen Zweifel, ein langer Weg. In den achtziger Jahren waren wir womöglich schon ein Stück weiter vorgedrungen auf diesem Weg. Doch die einseitige Aufkündigung des INF-Vertrages durch die USA, unterstützt durch alle Staaten der NATO, also einschließlich Luxemburg, führt uns vor Augen, wohin eine falsche Politik führen kann. Das gilt auch für die Weigerung, den UNO-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen zu unterzeichnen.

Stopp des Wettrüstens und Schritte zum Abrüsten sind nur durch den Abbau von Bedrohungslügen und den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zwischen den Staaten möglich. Treten wir gemeinsam dafür ein, daß Luxemburg auch auf diesem Weg den Anfang macht!

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek