Mikroplastik: Gift auf unserem Teller

Im Frühjahr 2018 trat die noch von Jean-Claude Juncker präsidierte EU-Kommission mit der medial vielbeachteten Ankündigung an die Öffentlichkeit, Einweggeschirr und -besteck, Wattestäbchen, Trinkhalme, sowie Ballonhalter aus Plastik ab dem Jahr 2021 EU-weit zu verbieten, um die vor allem mit Plastikteilen zugemüllten Weltmeere zu retten. Zudem ist geplant, den Recyclinganteil bei Einwegflaschen aus Plastik in allen Mitgliedstaaten auf 90 Prozent zu erhöhen, dies jedoch erst bis zum Jahr 2025.

Es sieht also so aus, als würde der monströse Müllstrudel im Nordpazifik, der Schätzungen zufolge mittlerweile die Größe Westeuropas erreicht hat, zumindest langsam angegangen, so daß wir hoffen können, daß von uns verspeiste Fische, Muscheln und andere Meeresbewohner künftig nicht mehr so viel Mikroplastik enthalten.

Doch die Gefahr droht nicht allein aus dem Meer. In Form von Dünger wird Mikroplastik auf unsere Obst- und Gemüsepflanzen verteilt und gelangt so ebenfalls auf unsere Teller. Das liegt an den gewaltigen Mengen Lebensmittel, die jeden Tag direkt aus den Regalen der Supermärkte auf dem Biomüll landen, obwohl sie größtenteils noch genießbar gewesen wären.

Das Hauptproblem für unsere Gesundheit liegt dabei darin, daß dieser Lebensmittelmüll einzeln in Kunststoffbehältern oder bzw. und -folien verpackt ist, und daß die Verpackungen aus Kostengründen nicht entfernt werden, bevor der Lebensmittelmüll in den Biogasanlagen zerkleinert wird.

Nachdem er im Gärprozeß das energetisch nutzbare Methangas abgegeben hat, werden die zurückbleibenden Reste, die Mikroplastik aus den Verpackungen enthalten, als »Kompostdünger« auf unsere Felder ausgebracht. Bis zu 0,5 Prozent Plastik dürfen als »Fremdstoffe« in den Rückständen aus Biogasanlagen enthalten sein. Dementsprechend fanden Ökologen in einer Tonne »Kompostdünger« bis zu 440.000 Mikropartikel aus Kunststoff.

Auch im Plastik von Wasserflaschen (egal ob recycelbar oder nicht!) konnten in Analysen mehr als 2.000 chemische Stoffe nachgewiesen werden – vor allem sogenannte Weichmacher und das u.a. laut Weltgesundheitsorganisation WHO hormonell wirksame Bisphenol A oder kurz BPA. Es ist eine der weltweit meistproduzierten Chemikalien und wird Kunststoffen beigefügt, um sie hart zu machen und in der gewünschten Form zu halten.

BPA findet sich in den Beschichtungen von Getränkedosen genauso wie in Fertiggerichten zugesetzten Konservierungsmitteln. Über Mund und Schleimhäute gelangt das künstliche Hormon direkt in unsere Blutbahn. Zusätzlich dringt es über Haut und Lunge in uns ein. Mittlerweile kann es in Westeuropa bei neun von zehn Menschen in Blut und Urin nachgewiesen werden. Da Bisphenol A fettlöslich ist, lagert es sich auch im Körpergewebe ab und entfaltet seine fatale Wirkung jahrzehntelang. Laut WHO wirkt es krebserregend und nervenschädigend, verändert das menschliche Erbgut und schädigt das Gehirn von Föten im Mutterleib und von Kleinkindern.
In Frankreich gibt es deshalb seit fünf Jahren ein vergleichsweise striktes Gesetz, das die Herstellung und den Vertrieb von Lebensmittelverpackungen mit Bisphenol A verbietet.

Der Antrag für ein EU-weites Verbot dieses Stoffes ist skandalöserweise Anfang 2018 im EU-Parlament gescheitert – bereits im »Ausschuß für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit«. Das Hormongift darf also außerhalb Frankreichs weiter mitgegessen werden. Guten Appetit!

Oliver Wagner

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek