Solidarität mit Dimitris Koufodinas

Die Rote Hilfe e.V. fordert, gemeinsam mit vielen weiteren Gruppen und Organisationen aus ganz Europa, das Ende jeder diskriminierenden Behandlung von Dimitris Koufodinas. Seit 8. Januar 2021 befindet sich der in Griechenland einsitzende politische Langzeitgefangene im Hungerstreik. Dimitris wehrt sich gegen die willkürlichen und repressiven Schikanen, mit denen er sich seit seiner Inhaftierung und insbesondere in den vergangenen Monaten konfrontiert sieht. Insbesondere wurde im Dezember 2020 ein gezielt auf seinen Fall zugeschnittenes Gesetz erlassen, das verschiedene Hafterleichterungen streicht, und er wurde entgegen der griechischen Gesetzeslage in ein weit vom Wohnort seiner Familie entferntes Gefängnis verlegt.

Wegen der Mitgliedschaft in der militanten „Revolutionären Organisation 17. November“ war er im Jahr 2002 festgenommen und in der Folge zu 11-mal lebenslänglich plus weiteren 25 Jahren Haft verurteilt worden.

 

Wir dokumentieren im Folgenden den Aufruf zu Solidarität:

Dimitris Koufodinas ist seit 2002 wegen Mitgliedschaft in der „Revolutionären Organisation 17. November“ im Gefängnis und verurteilt zu 11 x lebenslänglich plus 25 Jahren.

Die OR17N war von 1975 bis 2002 in Griechenland aktiv. 2002 löste sie sich auf Grund einer gescheiterten Aktion auf. Während der 27 Jahre ihres Bestehens tötete sie u.a. im Dienst der US-Regierung stehende Personen, Folterer aus der Zeit der Diktatur (1967 bis 1974), Großkapitalisten und Politiker.

1975 war die erste Aktion der OR17N die Erschießung des nordamerikanischen CIA-Chefs für Südeuropa, und seitdem verlangten die USA das Ende der Organisation, ohne Unterlass machten sie Druck auf die griechischen Regierungen wegen ihrer Unfähigkeit, die Mitglieder dieser Organisation zu verhaften.

1989 wurde Pavlos Bakoyiannis, Politiker und Journalist, Schwager des heutigen Premierminister und Vater des heutigen Bürgermeisters von Athen, Opfer der Organisation.

2002 tauchte D.Koufodinas nach einer Kette von Verhaftungen auf und stellte sich, wobei er sich als Mitglied der OR17N zu erkennen gab und die politische Verantwortung für das Handeln der Organisation übernahm.

Sowohl in diesem Moment wie auch während des ganzen Gerichtsverfahrens versuchte er nie sich als Person zu verteidigen und belastete auch nie einen der Mitangeklagten. Mit seiner Haltung gewann er den Respekt und die Sympathie eines großen Teils der griechischen Gesellschaft.

Seit 2002 war Dimitris in einem Spezialtrakt im Gefängnis von Korydallos (Athen) untergebracht, 2018 wurde er in das Gefängnis von Volos gebracht, wo die Gefangenen auf dem Gefängnisgelände landwirtschaftlich arbeiten.

Obwohl er seit 2010 eigentlich das Recht auf Ausgang hatte, wurde ihm das erst 2017 zum ersten Mal zugestanden. Seitdem hatte er nach einstimmigem Beschluss der zuständigen Behörden und der 6maligen Zustimmung verschiedener Staatsanwälte 6 x Ausgang.

Trotzdem gab es zu diesen Ausgangserlaubnissen eine intensive und systematische Polemik seitens einiger Fernsehsender und einiger Politiker, die sich in öffentlichen Erklärungen und verschiedenen anderen Interventionen dagegen aussprachen und forderten, keine weiteren Ausgangserlaubnisse zu erteilen. Darunter waren auch der jetzige Ministerpräsident und seine Familie. Und die Botschaft der USA machte starken Druck.

Das Ergebnis dieser Polemik ist, dass Dimitris seit dem Frühjahr 2019 keine Ausgangserlaubnis mehr bekommen hat. Das wird begründet mit seinen politischen Überzeugungen und seiner Weigerung abzuschwören. Nach griechischem Gesetz gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, die Ausgangserlaubnis damit zu verknüpfen.

Der Fall kam vor das höchste Gericht, und das Urteil lautete, dass es für die Ablehnung der Ausgangserlaubnis keine gesetzliche Grundlage gibt. Trotz dieses Urteils änderte das zuständige Gericht der Stadt Volos nicht seine Haltung, und die Ausgänge wurden 2019 endgültig abgelehnt, als die jetzige Regierung an die Macht kam.

Der Präsident der Partei Nueva Democracia, Kyriakos Mitsotakis, hatte öffentlich versprochen, dass, wenn er an die Regierung käme, er per Gesetz D.Koufodinas vom Recht auf Ausgangserlaubnisse vom Gefängnis ausschließen würde und auch davon, seine Strafe in einem Gefängnis mit landwirtschaftlicher Arbeit zu verbüßen.

Im Dezember2020 wurde das Gesetz 4760 -2020 angenommen, in dem festgelegt wird, dass wegen „Terrorismus“ Verurteilte vom Recht auf Ausgang aus dem Gefängnis ausgeschlossen werden und ihre Strafe auch nicht in Gefängnissen mit landwirtschaftlicher Arbeit verbringen dürfen. Der einzige Gefangene, der in diese Kategorie passte, war Dimitris. Während der Beratung des Gesetzes wurde sich immer wieder ausdrücklich auf ihn bezogen.

Am 23. Dezember 2020 wurde er überraschend wie bei einer Entführung von Volos nach Domokos verlegt, das viele Kilometer von seiner Familie entfernt liegt, ohne vorherige Benachrichtigung, ohne ihm zu erlauben mit seiner Familie in Kontakt zu treten, und ohne dass er seine persönlichen Sachen mitnehmen konnte.

Im Gefängnis von Domokos befindet er sich in einer Zelle zusammen mit anderen unter Bedingungen von erstickender Enge, wo er – nach 18 Jahren Einzelhaft und in einem Alter von 63 Jahren – jetzt keine ruhige Minute mehr hat. Dieser plötzliche Wechsel ist zerstörerisch, sowohl für seine Denkfähigkeit, seinen emotionalen Zustand als auch seine Gesundheit, die u.a. wegen verschiedener Hungerstreiks in der Vergangenheit sehr geschwächt ist.

Die Verlegung verletzt außerdem das kürzlich verabschiedete Gesetz, nach dem er in das Gefängnis von Korydallos hätte zurück gebracht werden müssen, wo er 16 Jahre lang gefangen gehalten worden ist, und das sich in der Nähe seiner Familie befindet, während Domokos weit entfernt liegt, sodass ein Besuch seiner Familie oder seines Anwalts sehr schwierig wenn nicht unmöglich wird.

Es ist offensichtlich, dass die Verlegung aus Rache geschah, denn Mitglieder der aktuellen Regierung hatten angekündigt, dass sie seine Haftbedingungen verschlechtern würden.

Dimitris hat entschieden einen Hungerstreik zu beginnen um gegen diese ganzen Maßnahmen gegen ihn zu protestieren und seine Verlegung nach Korydallos entsprechend dem kürzlich verabschiedeten Gesetz zu fordern.

Am 8. Januar begann der Hungerstreik, seitdem hat er viel Gewicht verloren, er hat Anzeichen von Übersäuerung (Azidose), Ohnmachtsanfälle, Probleme beim Stehen und bei eigenständiger Bewegung.

Die Willkür und alle Maßnahmen gegen Dimitris – sei es auf Druck der Botschaft der USA, sei es auf Druck der Familie des Premierministers, die Verletzungen der Gesetze, sogar der zuletzt genau zur Verschlechterung seiner Haftbedingungen erlassenen, bilden zusammen einen beispiellosen Fall willkürlicher Einmischung in die Justiz aus persönlicher Rache; Rache, die eine mächtige Politikerfamilie einfordert und dabei ohne zu zögern alle Mittel ausschöpft, die ihr zur Verfügung stehen für diese Rache.

Wir fordern die Verlegung von Dimitris Koufodinas in das Gefängnis von Korydallos entsprechend dem vor kurzem erlassenen Gesetz und das Ende jeder Intervention gegen ihn und jeder diskriminierenden Behandlung, sei es auf legislativer oder faktischer Ebene

Quelle: http://political-prisoners.net/item/8753-griechenland-hungerstreik-von-dimitris-koufodinas.html

Quelle: Rote Hilfe – Solidarität mit Dimitris Koufodinas