Mehr Extraprofit als mit Wohnungsnot geht nicht

In keiner Branche der Realwirtschaft gibt es noch derartige Profiterwartungen wie auf dem Luxemburger Wohnungsmarkt, wo die Immobilienpreise sogar 2020 um satte 12,5% anstiegen. Selbst im militärisch-industriellen Komplex oder in der Pharma-Industrie werden kaum mehr als 10% Rendite erreicht, wobei das Bereiche sind, in die Normalsterbliche oder sogar Kleinkapitalisten kaum hinein kommen. Aber Häuser und Wohnungen hierzulande können alle kaufen, die über flüssiges Geld oder Kredit verfügen.

Natürlich, sie könnten auch ins Börsencasino damit gehen. Dort gibt es teilweise sogar noch stärkere Kurssteigerungen übers Jahr gesehen, aber das ist doch mit einem relativ großen Risiko verbunden. Die Kurse sind aktuell derart überbewertet, daß sie mit dem Wert der Betriebe und den Gewinnerwartungen daraus – die sie ja eigentlich abbilden sollten – überhaupt nichts mehr zu tun haben.

Denn dorthin sind die vielen Milliarden geflossen, die in letzter Zeit in schöner Regelmäßigkeit von den Zentralbanken aus dem Nichts geschaffen wurden – in der Realwirtschaft fanden sie keine Verwendung, weil die 2007/8 manifest gewordene Überproduktionskrise noch immer andauert. Und kein Industriekapitalist investiert in neue Anlagen, wenn die bestehenden nicht einmal ansatzweise ausgelastet sind. Das ist übrigens auch der Grund, warum trotz der riesigen Geldschöpfung keine Inflation bei normalen Gebrauchsgütern aufkommt. Sie findet eben an der Börse statt – und im Wohnungsmarkt.

Das Investieren in Stein hat nämlich den großen Vorteil, daß selbst bei einem Krach danach immer noch was Nutzbares übrig ist. Und inzwischen kann ja vermietet werden – zu Höchstpreisen, denn wo Wohnungsnot herrscht, läßt sich alles zu fast jedem Preis anbringen.

Tatsächlich wird die Wohnungsnot jedes Jahr größer – 2020 brachte da keine Änderung. Denn es wird Jahr für Jahr weniger gebaut als für die neu ins Land Kommenden gebraucht würde. Da steigen nicht nur die Preise beim Kauf wie bei der Miete, da wird mittlerweile nicht nur jedes Loch als Wohnung genutzt, es mehren sich die Meldungen, daß Familien jetzt sogar schon Monate lang in Hotelzimmern »wohnen«. Und anerkannte Asylbewerber kommen nicht und nicht aus den Flüchtlings-Foyers raus, wo sie eigentlich nicht mehr sein sollten.

Gut, der Zusammenbruch des Tourismus auf allen Ebenen sorgt für leere Hotels und so mancher Hotelier ist sicher froh, wenn er seine Zimmer an ansonsten Obdachlose anbringt. Problemlösung ist das aber wirklich und wahrhaftig keine.

Premier macht Kasse

Und was tut Premier Xavier Bettel? Er gründet in Paris mit seinem Göttergatten am 29.4.2020 die SCI Arlux. Eingetragen ist die Firma an der Adresse 52, rue de Chapon in 75003 Paris, also mitten im Zentrum der Île de France.

Die für 99 Jahre mit einem Kapital von lächerlichen 900 Euro gegründete »Société civile immobilière« hat offiziell folgenden Zweck: »la propriété et la gestion, l’administration, l’acquisition, la prise à bail, la location-vente, la propriété ou la copropriété, à titre civil, de tous les biens mobiliers et immobiliers qui lui appartiendront, la construction, la réfection, la rénovation, la réhabilitation de tous immeubles; l’obtention de toutes ouvertures de crédits et de facilités de caisse toutes opérations destinées à la réalisation de l’objet social et généralement toutes opérations civiles se rattachant à cet objet.«

Beginnen wird die Firma wohl mit dem Haus ihres offiziellen Sitzes, aber danach wird sie sich verläßlich nicht auf Paris beschränken. Wie schon so viele Immobilienmakler mit Internetauftritt im Lande Luxemburg wird sich die SCI Arlux vorrangig an reiche Franzosen wenden, um ihnen den Kauf von Immobilien in Luxemburg schmackhaft zu machen, sind doch hier deutlich höhere Renditen zu erzielen als in Frankreich.
Dabei sehen die hiesigen Immobilienfirmen mit ihrem führenden Personal ziemlich blaß aus neben jenen der SCI Arlux. Denn die hat als »mandataires sociaux« die beiden »co-gérants« Xavier Frédéric Hugues Bettel und Gauthier Pascal Paul Destenay (Ehegatte und Architekt in Arlon – womit das Geheimnis der Abkürzung Arlux auch gelüftet ist) aufzubieten. Denn welche Firma kann schon als Geschäftsführer den Premier eines Landes und dessen Ehegatten aufbieten?

Es stellt sich allerdings die Frage, ob so ein Job mit dem des Premiers vereinbar ist. Es schaut das doch verdammt nach Interessenkonflikt aus – oder ist Bettel am Absprung aus der Regierung? Wenn dem so sein sollte, täte er gut daran rasch zurückzutreten – ansonsten drängt sich eine Untersuchung wegen des Verdachts auf Unvereinbarkeit auf. Wobei die zeitliche Unvereinbarkeit von vornherein klar ist, ganz besonders klar aber in Krisenzeiten.

Dabei ist es kein Freibrief, daß andere Regierungsmitglieder und Abgeordnete ebenfalls über Immobilien verfügen und diese vermieten. Das ist zwar ein Teil der Erklärung, warum trotz aller Sonntagsreden und trotz aller Ankündigungen nichts weitergeht beim Thema jährlich mehr fertigzustellender Wohnungen, aber diese Politiker und Politikerinnen treten zumindest nicht offiziell als Firmenchefs in Erscheinung. Sie beschränken sich auf den monatlich wiederkehrenden Lustgewinn bei der Durchsicht der Mieteingänge auf ihren Bankkonten und überlassen die sonstige Tätigkeit Vermittlern und Hausverwaltungen ohne selbst eine Immobilienfirma zu führen – schon gar nicht im doch nicht ganz so nahen Paris.

jmj

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Mehr Extraprofit als mit Wohnungsnot geht nicht