Lohnklau und Kaufkraftverlust

Nach zweitägigen Diskussionen schnürte die Tripartite am Mittwoch ein Maßnahmenpaket, dessen Details aber noch geklärt und dessen finanzielle Auswirkungen auf die Lohnabhängigen und Rentner, die Betriebe und den Staatshaushalt noch beziffert werden müssen. Das gilt zum Beispiel für die Steuergutschrift, die den Kaufkraftverlust von Haushalten mit niedrigen und mittleren Einkommen überkompensieren soll und für die Hilfen, die den Betrieben zukommen sollen.

Zu diesem Maßnahmenpaket, über das definitiv am 31. März befunden wird, gehört auch ein Eingriff ins Indexsystem. Der Indexwarenkorb wird nicht abgeändert, und der Erfall von Indextranchen wird nicht verzögert, allerdings ist geplant, die Löhne und Renten nicht einen Monat nach dem Erfall einer Indextranche um 2,5 Prozent an die Preisentwicklung anzupassen, wie das gesetzlich vorgegeben ist, sondern erst viele Monate später.

Sollte es in diesem Jahr zu einer zweiten Indextranche kommen, wie das der Statec für den Monat August prognostiziert, sollen alle Löhne und Renten erst im April 2023 um 2,5 Prozent an die Inflation angepasst werden. Das käme für alle Lohn- und Rentenbezieher einem Verlust von fast einem Fünftel eines Monatseinkommens gleich.

Sollte 2023 eine weitere Indextranche anstehen, würde diese um 12 Monate verschoben. Damit würden alle Lohnabhängigen und Rentner, die keine Steuergutschrift zu erwarten haben, innerhalb von zwei Jahren bis zu einem halben Monatseinkommen einbüßen. Wie hoch die Kompensation für die kleinen Löhne dann tatsächlich sein wird, wird noch zu klären sein, aber fest steht bereits, dass wir es hier mit einem riesigen Lohnklau und einem ebensolchen Kaufkraftverlust zu tun haben.

Doch wem nützt die Verschiebung der Auszahlung der Indextranchen?

Das Manöver erinnert ganz eindeutig an den größten Indexklau aller Zeiten während der Jahre 2012 bis 2014, als CSV, LSAP, DP und Déi Gréng beschlossen, dass nur eine Indextranche im Jahr ausbezahlt werde, und das jeweils zum 1. Oktober, unabhängig von der Entwicklung der Inflation.

Allein im Jahr 2012 sparte das Patronat deshalb 225 Millionen Euro an Lohnkosten ein, der Staat weitere 50 Millionen Euro, und das alles zu Lasten der Löhne und der Kaufkraft der Schaffenden und Rentner.

Wird das vorliegende Maßnahmenpaket so gutgeheißen, wie es gegenwärtig vorliegt, steht für die nächsten zwei Jahre ein riesiger Lohnklau und ein herber Kaufkraftverlust für große Teile der Schaffenden bevor, während das Patronat der große Gewinner sein wird, denn die angekündigten Kompensationen werden aus dem Staatshaushalt und zum großen Teil aus dem Steueraufkommen der Schaffenden bezahlt.

Hinzu kommt, dass auch die kleinen Lohnbezieher und Rentner Opfer dieser Indexmanipulation werden, wenn auch mit Verspätung. Der Mindestlohn, die Renten, Unfallrenten und das gesetzliche Mindesteinkommen werden durch Gesetz alle zwei Jahre an die Entwicklung des Durchschnittslohnes angepasst. Entwickelt der Durchschnittslohn sich langsamer wegen der Indexmanipulation, fällt die Anpassung umso niedriger aus.

Das alles sind gute Gründe, weshalb die Schaffenden und Rentner und ihre Organisationen sich gegen eine verspätete Auszahlung von Indextranchen zur Wehr setzen sollten.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek