Stellungnahme der offiziellen Sprecherin des Außenministeriums Russlands, Maria Sacharowa, zur Erklärung des Bundeskanzlers Deutschlands, Olaf Scholz, über den Stopp des Zertifizierungsverfahrens für das Projekt Nord Stream 2

Wir halten den Beschluss der deutschen Behörden über den Stopp des Zertifizierungsverfahrens für die Gaspipeline Nord Stream 2 für unannehmbar und unwürdig aus der Sicht der Normen des internationalen Geschäftsrechts.

Wir denken, dass wir mit einem klassischen Vorfall der Nutzung eines Wirtschaftsprojekts als politische Waffe gegen uns zu tun haben, was vom kollektiven Westen im Ganzen und unter anderem Berlin so gerne uns vorgeworfen wird. Die erwähnte Anweisung für die deutsche Regulierungsbehörde wurde vom profilierten deutschen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gegeben, wo noch vor kurzen über das Projekt als reine Wirtschaftsinitiative privater Investoren gesprochen worden war. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz selbst, auf dessen direkte Anweisung die erwähnten Handlungen unternommen wurden, hatte zuvor zugesichert, dass das Zertifizierungsverfahren für Nord Stream 2 ausschließlich einen normativen Charakter habe und mit der politischen Konjunktur nicht verbunden sein könne.

Wie jetzt offensichtlich wird, zeigten die deutschen Behörden Inkonsequenz und, als sie sich unter Druck erwiesen, folgten sie der Versuchung, das Projekt als Druckhebel gegen Russland zu nutzen, wobei damit die Unfähigkeit zur Trennung von Politik und Wirtschaft demonstriert wurde. In der Tat wurde die Umsetzung des Projekts mal durch die Ausdehnung der nachträglich erneuerten EU-Gasrichtlinie auf das Projekt, mal durch den Stopp des Zertifizierungsverfahrens verzögert. Das am 22. Februar dieses Jahres eingeführte direkte Verbot von Nord Stream 2 wegen politischer Motive ist ein logischer Höhepunkt der erwähnten Doktrin der Priorität der Politik über Wirtschaft im Kontext seiner Umsetzung. Dabei nutzte Berlin zynisch die unwürdigen Tricks in Form der Rücknahme – auch nachträglich – des Berichts des erwähnten Ministeriums über fehlende Bedrohungen für die Energiesicherheit Deutschlands wegen des Baus der Gaspipeline, der bereits im Oktober 2021 noch unter vorheriger Bundesregierung abgestimmt worden war. Das macht seine Zertifizierung und damit die Inbetriebnahme unmöglich.

In diesem Zusammenhang möchte man erklären, dass der Beschluss Berlins über den Stopp des Projekts einen unumkehrbaren Schaden für die russisch-deutschen Beziehungen zufügen wird, die in den letzten Jahren nicht auf unsere Schuld ohnehin gar nicht wolkenlos sind. Die Verantwortung für die Folgen dieser illegitimen Handlungen, die den Ruf Deutschlands als einen zuverlässigen außenwirtschaftlichen Partner infrage stellen, liegt vollständig auf der deutschen Seite. Die Investoren des Projekts bekommen in diesem Zusammenhang ein unabdingbares Recht auf Einreichen einer Klage gegen Berlin in internationale Schiedsgerichte in Bezug auf eine Entschädigung.

Vor diesem Hintergrund bleibt unsere Position gegenüber der Energiezusammenarbeit mit Deutschland und mit Europa im Ganzen unverändert. Russland betonte ständig, dass Nord Stream 2 ein rein wirtschaftliches, kommerzielles Projekt ist, das in strikter Übereinstimmung mit Völkerrechtsnormen, Normativakten der EU, Gesetzgebung entsprechender Küstenstaaten umgesetzt wurde. Die rechtszeitige Inbetriebnahme dieser Gaspipeline hätte den Interessen sowohl Russlands, als auch Europas entsprochen. Neben einem gegenseitigen Vorteil sollte die neue Route die Diversifizierung der Gasversorgung fördern und ein stabilisierendes Element für den Gasmarkt in Europa werden. Anscheinend wird es in der absehbaren Zukunft dazu nicht kommen, weil das Projekt zur Geisel der künstlichen Ankopplung an andere politische Sujets wurde. Eine unvermeidliche Folge des Verzichts auf Nord Stream 2 wird, wie wir es bereits sehen, ein rasantes Wachstum der Gaspreise auf dem europäischen Markt sein.

 

Quelle: Außenministerium der Russischen Föderation