2. Dezember 2024

Vor 80 Jahren: Massaker und Zerstörung von Lidice

Am 10. Juni 1942 verübten die Nazifaschisten im tschechischen Lidice ein besonderes Verbrechen: Die ganze Ortschaft wurde ausgelöscht und der Großteil der Bewohner ermordet.

Etwa 20 Kilometer westlich von Prag liegt die mittelböhmische Gemeinde Lidice im Bezirk Kladno. Mit der seit dem Hochmittelalter belegten Siedlung gleichen Namens hat die heutige Ortschaft jedoch nicht mehr viel gemein, denn sie musste nach dem Zweiten Weltkrieg gänzlich neu errichtet werden. Das alte Lidice war von den deutschen Faschisten im wortwörtlichen Sinn dem Erdboden gleichgemacht worden – und an dieser Stelle, in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Lidice, befindet sich heute eine Gedenkstätte für die Opfer.

Am Abend des 9. Juni 1942 sammelten sich unter dem Kommando von SS-Obersturmbannführer Horst Böhme Einheiten der Gestapo, des Sicherheitsdienstes der SS und der Schutzpolizei am Rande von Lidice und riegelten das kleine Dorf mit seinen 102 Häusern und 503 tschechischen Bewohnern ab. Auf Befehl des Höheren SS- und Polizeiführers Karl Hermann Frank war eine „Vergeltungsaktion“ für den Tod von Reinhard Heydrich geplant. Der Leiter des Reichssicherheitshauptamtes und stellvertretende Reichsprotektor in Böhmen und Mähren war am 4. Juni 1942 gestorben, nachdem acht Tage zuvor tschechische Widerstandskämpfer in Prag ein Attentat auf ihn verübt hatten. Dass sich die deutschen Faschisten für ihre Rache die Ortschaft Lidice ausgesucht hatten, war vermutlich Zufall. Eine unmittelbare Unterstützung des antifaschistischen Widerstands, wie von den Nazis als Vorwand behauptet, konnte nie belegt werden.

In der Nacht auf den 10. Juni 1942 wurden die Einwohner des Ortes zusammengetrieben. In den Morgenstunden erschossen die Nazis alle 172 Männer und männlichen Jugendlichen, die älter als 15 Jahre waren, sowie einen 14-Jährigen. 195 Frauen des Dorfes, die von ihren Kindern getrennt wurden, kamen in das KZ Ravensbrück, wo 52 von ihnen getötet wurden. Sechs Schwangere wurden nach Prag gebracht und landeten nach der Entbindung ebenfalls in Ravensbrück. Das Dorf selbst wurde teilweise in Brand gesteckt, teilweise wurden Gebäude gesprengt, schlussendlich wurde alles eingeebnet, auf dass Lidice völlig aus der Landschaft und von der Landkarte verschwindet. 26 weitere Bewohner, die am 9. und 10. Juni nicht greifbar waren – zum Teil aufgrund von Nachtschichten –, wurden am 16. Juni in Prag per Erschießung hingerichtet. Damit steht eine gesicherte Zahl von 250 ermordeten Erwachsenen und älteren Jugendlichen, doch ein besonderes Thema waren und sind auch die Kinder von Lidice.

Die Kinder der Ortschaft kamen zunächst in die „Umwandererzentrale Litzmannstadt“ nach Lodz. Elf wurden zur „Germanisierung“ ausgesondert, sieben Kinder, die jünger als ein Jahr alt waren, sowie die sechs nach dem 10. Juni in Prag geborenen landeten in Kinderheimen. Doch der Großteil – schließlich waren es 82 Kinder – wurde in das Vernichtungslager Kulmhof deportiert und dort vergast. Nach dem Ende der deutsch-faschistischen Fremdherrschaft und des Krieges wurden lediglich 17 der 106 Kinder von Lidice wiedergefunden. Auf dem Areal der heutigen Gedenkstätte erinnert ein eindrucksvolles Bronzedenkmal an die von den Nazis ermordeten Kinder.

Im Jahr 1949 konnten einige der überlebenden Frauen von Lidice in die damals neu errichtete Ortschaft zurückkehren. Heute leben wieder knapp 600 Menschen in dem Dorf, dessen Name nicht nur in Tschechien zu einem Symbol und Mahnmal für den deutsch-faschistischen Massenmord geworden ist.

 

Quelle: Zeitung der Arbeit

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