10. Oktober 2024

Ißt du noch oder heizt du schon?

Diese Woche kündigten die Unternehmen, die mit Erdgas handeln, den Verbrauchern für Oktober dieses Jahres Preiserhöhungen von bis zu 90 Prozent an. Daran schuld sein soll »Putins Krieg« und die von den Russen angeblich beschlossene starke Drosselung der Gaslieferungen nach Europa, die bewirkt habe, dass sich die Preise auf den Großhandelsmärkten seit Februar dieses Jahres mehr als verdoppelt haben.

Die Spekulanten an den Großhandelsmärkten und Energiebörsen haben selbstverständlich nicht auf den Krieg in der Ukraine gewartet, um auf Erdöl, Gas und Strom zu spekulieren, und wer nicht an Gedächtnisschwund leidet, wird sich daran erinnern, dass die Energiepreise hierzulande bereits 2021 durch die Decke schossen, und die Erdölkonzerne fette Profite auf unsere Kosten machten.

Tatsächlich ist das antirussische Trommelfeuer, dem die Bevölkerung seit langem ausgesetzt ist und das auch dazu dient, den Menschen einzureden, die Russen würden uns den Gashahn zudrehen und uns im Kalten sitzen lassen, eine Irreführung der Öffentlichkeit.

Wer trotz des dichten Propagandanebels sein Gedächtnis nicht verloren hat, wird sich daran erinnern, dass die bereits fertiggestellte Erdgasleitung Nordstream 2, welche die Erdgasversorgung in großen Teilen Europas langfristig absichern sollte, durch die Blockade der USA und den Wirtschaftskrieg, welche die »westliche Wertegemeinschaft« gegen Russland führt, nicht in Betrieb ging.

Die Entscheidung der EU, kurzfristig ganz auf russisches Gas zu verzichten, obwohl bekannt war, dass es dafür so schnell keinen Ersatz geben würde – auch nicht durch umweltschädliches und dreimal so teures Fracking-Gas aus den USA – hat zu dem Desaster geführt, das wir heute kennen.

Die negativen Folgen dieses Wirtschaftskrieges, der bereits vor Jahren mit immer neuen anti-russischen Sanktionen angefeuert wurde, werden die Schaffenden zu tragen haben.

Die explodierenden Preise für Energie, Lebensmittel und viele andere Konsumwaren des täglichen Gebrauchs sind eine Folge davon. Die Entscheidung der Regierung und der Chamber, den Index zu manipulieren und die Kaufkraft der Schaffenden zusätzlich zu schwächen, geht in die gleiche Richtung.

Inzwischen wissen wir, dass es noch dicker kommen wird und dass, abgesehen von den angekündigten massiven Erhöhungen der Preise für Erdgas und Strom, auch Grundnahrungsmittel und vieles andere ab Herbst teurer werden dürfte. »Ißt du noch oder heizt du schon?« wird es dann in vielen Familien heißen.

Parallel dazu wird es Bestrebungen geben, hinter dem Nebelvorhang der »nationalen Solidarität« die bereits eingeleitete Umverteilung von unten nach oben verstärkt fortzusetzen, indem zusätzlich am Index gefummelt und Sozialabbau beschlossen wird. In anderen Worten: Die Schaffenden und Rentner sollen den Gürtel noch enger schnallen, während die Regierung dafür sorgen wird, dass die Profite für die Aktionäre munter weiter sprudeln werden. Tatort für diesen Raub soll eine Tripartite sein.

Angesichts dieser Herausforderung, und nicht nur wegen der steigenden Gas- und Strompreise, sollten die Schaffenden und Rentner sich im Herbst warm anziehen. Alle Mittel sollten ihnen und ihren Organisationen recht sein, um den bevorstehenden Frontalangriff auf ihre Löhne, ihre Kaufkraft und ihr Leben abzuwehren, auch wenn er hinter einem antirussischen Feigenblatt daherkommen sollte.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

ZLV