Heißes 2023

Kommentar zu den gesellschaftlichen Folgen der Inflation

Trotz einer Inflationsrate von 7,9 Prozent im vergangenen Jahr blieb der viel beschworene heiße Herbst aus. Dies mag auch daran liegen, dass die Bundesregierung nicht gänzlich neoliberal agierte und stattdessen auch linke Forderungen umsetzte. Statt einer Gasumlage gibt es jetzt zum Beispiel eine Gaspreisbremse. Auch wenn die Inflation noch zu sozialen Härten führt, trug dies sicherlich dazu bei, die Masse erst mal zu beruhigen. Doch die Ruhe trügt.

Die Preise werden nicht zurückgehen, stattdessen werden sie auch dieses Jahr noch massiv steigen. Das spüren die Menschen bis in die Mittelschicht hinein. Doch werden die kommenden Auseinandersetzungen weniger politischer denn ökonomischer Natur sein. Dieses Jahr wird vor allem in den Betrieben die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums ausgehandelt werden. Tarifverhandlungen für elf Millionen Beschäftigte stehen bei den DGB-Gewerkschaften an, also für fast jede*n vierte*n Arbeitnehmer*in. Zudem fallen mit den Verhandlungen für den öffentlichen Dienst und den Einzelhandel die beiden größten Tarifrunden in den Bereich der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Und diese hat bereits klargemacht, dass sie sich nicht so leicht mit den von der Bundesregierung angepriesenen steuerfreien Einmalzahlungen befrieden lassen will. Dies allein schon, weil in ihren Bereichen häufig weitaus weniger verdient wird als in der Industrie und der Druck der Inflation für die Beschäftigten deswegen stärker zu spüren ist.

Hinzu kommt: Entgegen anderer Krisen macht sich die Energiepreiskrise noch nicht wirklich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Stattdessen klagen die Unternehmen über mangelndes Personal. Das stärkt die Position der Beschäftigten. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass 2023 nicht nur klimamäßig ein heißes Jahr wird.

Quelle: nd.Der Tag / nd.Die Woche via Presseportal