Begegnungen in China

Auf Einladung der internationalen Abteilung beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas nahmen Vertreter von Parteien, gesellschaftlichen Organisationen und Medien aus Belgien, Frankreich und Luxemburg darunter die KPL, vom 10. bis 16. Dezember 2023 an einem Arbeitsbesuch teil, der es möglich machte, Eindrücke über die Entwicklung der Volksrepublik China in der Hauptstadt Beijing, in Nanning, der Hauptstadt der Autonomen Region Guangxi nahe der Grenze zu Vietnam, und der Sonderwirtschaftszone Shenzhen, gelegen am Perlflussdelta nahe der Sonder­verwaltungszone Hongkong zu gewinnen.

Das war nicht nur der Fall in Gesprächen mit Genossin Chen Huaifan vom Westeuropa-Büro der internationalen Abteilung der KP Chinas, der Wissenschaftlerin Chen Ying, die gerade von der 28. Weltklimakonferenz zurück war, und den Verantwortlichen der Verwaltung für Revitalisierung der ländlichen Gebiete und dem Ausschuss für ethnische und religiöse Angelegenheiten in der Autonomen Region Guangxi, sondern wurde durch Besuche vor Ort ergänzt.

Besonders beeindruckend waren die Resultate der von der KP Chinas initiierten stürmischen Entwicklung der Produktivkräfte in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen, die sich nicht nur in der Elektronik- und Telekommunikationsindustrie und hohen ausländischen Investitionen widerspiegelt, sondern auch genutzt wird, um die Transport-, die Trinkwasser- und der Energieinfrastruktur, die Industrie, die Gesundheits- und Bildungseinrichtungen und den Dienstleistungsbereich in länd­lichen Gegenden in anderen Teilen Chinas umfassend zu entwickeln.

Möglich wird das, weil eben nicht die kapitalistische Profitwirtschaft herrscht, son­dern auf dem langen und mühsamen Weg zu sozialistischen Verhältnissen – die KP Chinas spricht vom Sozialismus chinesischer Prägung –, planmäßig und trotz aller Widersprüche, ein Teil der in der Wirtschaft in Shenzhen erzielten Profite umverteilt werden, entsprechend den Vorgaben der KP Chinas und der Zentralregierung in Beijing und in Zusam­men­arbeit mit der zuständigen Regionalregierung.

Über diese Umverteilung gelang es unter anderem in der Provinz Guangxi in mehr als 5.000 Dörfern moderne Infrastrukturen und Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen und mehr als sechs Millionen Menschen definitiv der Armut zu entreißen.

1.

Frau Chen Ying, Wissenschaftlerin am Forschungsinstitut für Umwelt der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften, bekräftigte in einem Gespräch, dass China seine Emissionen spätestens ab 2030 schrittweise senken wird, um bis 2060 klimaneutral zu werden. Innerhalb von zehn Jahren ging der Anteil der Kohle am Energiemix von 70 (2011) auf 56 Prozent zurück. Über Sonnen- und Windenergie wurden im Jahr 2023 insgesamt 1.322 Gigawatt Strom erzeugt, fast die Hälfte (48,8 Prozent) der Gesamtenergieerzeugung).

Zudem erfolgen große Anstrengungen, um den Bereich des grünen Wassersoffs erfolgreich voranzutreiben. 60 Prozent aller weltweit verkauften Elektroautos kommen aus China, 77 Prozent weltweit hergestellten Batterien für Elektroautos stammen aus chi­nesischer Produktion.

Wach­sende Bedeutung misst China aber auch dem Kampf gegen die Vergeudung von Lebensmitteln bei. Gestartet wurde eine landesweite Kampagne für einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln, welche auch Frau Chen Ying mitgestaltet.

2.

Da die konventionelle Infrastruktur zur Bekämpfung von Überschwemmungen versagt hat, wurde in China das Konzept der »Schwamm­städte« ausgearbeitet. Durch das Auffangen von Regenwasser können städtische Überschwemmungen gemildert, Trinkwasserknappheit ver­hindert, der städtische Wär­­meinseleffekt verringert und die ökologische Umwelt und die Biodiversität verbessert werden.

Ein Bei­spiel dafür ist das zwischen 2015 und 2017 geschaffene Feuchtgebiet am Fluss Nakao in der 8-Millionen-Stadt Nanning, Die dortige Kloake samt Müllhalde wurde saniert, und geschaffen wurde eine Parkanlage, in welcher man 8 Kilometer durchlässige Asphaltbeschichtung findet. Das Feuchtgebiet mit einer üppigen Vegetation und zahlreichen Wasserstellen ist inzwischen auch Naherholungsgebiet für die Einwohner von Nanning. Die öffentliche Hand gab umgerechnet 1,6 Milliarden Euro für die Schaffung des Feuchtgebiets am Fluss Nakao aus.

3.

Im Zhongguancun-Wissenschafts- und Technologieport in Nanning sind inzwischen mehr als 900 Klein- und Mittelbetriebe in den Bereichen elektronische Datenverarbeitung, künstliche Intelligenz, Energieersparnis, Umweltschutztechnologien und bio­logische Gesundheitspfle­ge tätig.

Wie künstliche Intelligenz in der Landwirtschaft erfolgreich zum Einsatz gelangen kann, macht ein Unternehmen vor, das Drohnen entwickelt, um den Pflanzenbestand aus der Luft zu kontrollieren oder Pflanzenschutzmittel auszubringen.

In einem weiteren Unternehmen mit riesigen Bildschirmen ist zu sehen, wie Feldinformationen über 300.000 Hektar Südfrüchte, darunter Bananen und Drachenfrüchte, mit höchster Genauigkeit in Echtzeit erfasst werden, die Wasserzufuhr reguliert und der Reifeprozess der Früchte bis zur Ernte kontrolliert wird. Das erspart den Bauern viel Arbeit, steigert aber den Ertrag und das Einkommen der Bauern.

4.

Begegnung in Nanning mit den Verantwortlichen der Verwaltung für Revitalisierung der ländlichen Gebiete und dem Ausschuss für ethnische und religiöse Angelegenheiten in der Autonomen Region Guangxi. Sie gaben Aufschluss darüber wie es innerhalb der vergangenen Jahre gelang, die extreme ländliche Armut in Guangxi vollständig zu be­sei­ti­gen. 250.000 Funktionäre wurden in mehr als 5.000 Dörfer geschickt, um eine Bestandsaufnahme der Lebensbedingungen zu machen, den Mangel an fließendem Wasser, Strom und Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen zu dokumentieren und sich mit dem Einkommen und den Lebensverhältnissen sämtlicher Familien vertraut zu machen.

Erkundet wurden auch die Möglichkeiten, Industrie- und Dienstleistungsbetriebe anzusiedeln, um Rohstoffe vor Ort zu verarbeiten und landwirtschaftliche Produkte über die Grenzen der Region zu vermarkten. Anschließend wurden die erforderlichen Infrastrukturen geschaffen, und es wurden Tausende Fachleute in die Dörfer geschickt, um der Landbevölkerung zur Seite zu stehen.

Finanziert wurden diese Investitionen im Wesentlichen über das Budget der Sonderwirtschaftszone Shenzhen. Es ist dies Teil des Programms der KP Chinas »Die reichsten Provinzen helfen den ärmsten Provinzen«.

5.

Die autonome Region Guangxi, die eine 1.020 Kilometer lange Grenze mit Vietnam hat, ist seit Jahrhunderten Siedlungsgebiet des Volkes der Zhuang. Sie sind die größte der 56 in China anerkannten Nationalitäten. Ihnen werden 18 Millionen Männer, Frauen und Kinder zugerechnet.

Die meisten Zhuang bewohnen die autonome Region Guangxi und weitere Regionen in Südchina. Sie haben eine eigene Sprache, tragen eigene Trachten in den mehrheitlich von Zhuang bewohnten Dörfern und zu besonderen Anlässen in den Städten, haben eigene Bräuche und feiern eigene Feste wie das Frühlingsfest am 1. Januar. Aber durch den gesellschaftlichen Modernisierungsprozeß und das Erlernen des Standard-Chinesisch in der Schule spielt das zumindest in den großen Städten zunehmend eine untergeordnete Rolle.

Ein großartiger Ort, um die Kultur und Geschichte der Zhuang und anderer Minoritäten kennen zu lernen, ist das Guangxi Museum für Nationalitäten. Es beherbergt eine umfangreiche Sammlung zur Geschichte, Kultur und Lebensweise der zahlreichen Minoritäten auf anschauliche Weise, darunter auch eine große Sammlung von Bronzetrommeln, die für die Zhuang von besonderer Bedeutung sind.

6.

Zum 100. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas, welche von dreizehn Vertretern kommunistischer Gruppen und im Beisein von zwei Vertretern der Kommunistischen Internationale im Juli 1921 in Shanghai beschlossen wurde, wurde im Beijinger Bezirk Chaoyang von KP-Generalsekretär Xi Jinping ein Museum eingerichtet, welches die 100-jährtige Geschichte der KP Chinas dokumentiert.

Die Ausstellung ermöglichst einen umfassenden Blick auf die ruhmreiche und zugleich dramatische Geschichte der chinesischen Kom­munisten. Etwa 2.600 Bilder, Fotos und Dokumente, versehen mit umfangreichen Begleittexten, und mehr als 3.500 Gegenstände werden ausgestellt. Aus Zeitgründen blieb uns leider nichts anderes übrig, als das Museum im Schnelldurchgang zu durchschreiten.

Der Kurzbesuch erlaubte es immerhin festzustellen, dass sowohl die heroischen Seiten der Geschichte der KP Chinas und die gewaltigen Errungenschaften der Volksrepublik seit 1949 thematisiert, als auch weniger positive Zeitabschnitte dokumentiert werden, wie etwa die »Kulturrevolution« von 1966 bis 1976, die China zehn Jahre Chaos brachte und deren Opfer auch der spätere Architekt der Modernisierung Chinas, Deng Xiaoping, wur­de. Wenig bekannt ist, dass Deng sich bereits als Arbeiter-Student ab 1921 in Frankreich marxistische Kennt­nisse aneignete und anschließend wäh­rend der Zeit der von Lenin durch­ge­setzten Neuen Ökonomischen Politik elf Monate in Sowjet-Russland stu­dier­te, bevor er nach China ging, um den revolutionären Kampf aufzunehmen.

7.

Genossin Chen Huaifan vom Westeuropa-Büro der internationalen Abteilung der KP Chinas betonte, dass China sehr um internationale Zusammenarbeit bemüht ist und darum, dass bei der Bewältigung des Klimawandels, der Stärkung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten, der Förderung der digitalen Transformation und dem Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen auf allen Ebenen Ergebnisse erzielt werden, die den Interessen aller Seiten gerecht werden.

Auch in den Beziehungen mit der EU stre­be die Volksrepublik eine langfristige Win-Win-Situation für beide Seiten an.

Die Außenpolitik Chinas zeichne sich durch eine Diplomatie des Friedens aus, hegemoniales Streben und eine wie auch immer geartete Sanktionspolitik oder einen »Kalten Krieg« lehne man ab, da dies den Beziehungen zwischen Ländern und den Menschen schade.

Die im Rahmen der »Neuen Seidenstraße« von China angestoßenen Projekte zum Auf- und Ausbau internationaler Handels- und Infrastruktur-Netze seien im Interesse aller Beteiligten.

Der KPL-Präsident bedankte sich herzlich für die Einladung nach China und versicherte, dass die KPL die Friedensdiplomatie Chinas und dessen Friedensplan für die Ukraine unterstützt und sich für einen weiteren Ausbau der Beziehungen auf allen Ebenen zwischen Luxemburg und China einsetzt. Er bekräftigte auch, dass die KPL sowohl die NATO als aggressives Militärbündnis, als auch die Europäische Union in ihrer Rolle als Interessevertreterin des Großkapitals und der Banken ablehnt.

8.

Regelrecht aus dem Boden gestampft wurde ab dem Jahr 1980 als erste Sonderwirtschaftszone Shenzhen, mit dem Ziel, ausländisches Kapital anzuziehen und den Produktivkräften einen solchen Schub zu geben, dass die positiven Auswirkungen in ganz China zu spüren sind.

Mit 18 Millionen Einwohnern und dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen in China ist Shenzhen heute eines der wichtigsten High-Tech-Zentren in der Welt und das Zentrum für die Entwicklung und Herstellung von Handyprodukten. Ein Besuch bei Huawei, das im Besitz seiner Beschäftigten ist, macht deutlich, dass das Unternehmen, das ein Viertel seines Gewinns in die Forschung steckt (2022 waren das umgerechnet 23 Milliarden Euro) und das wir in Luxemburg insbesondere als Smartphone-Hersteller kennen, einer der weltweit größten Hersteller von Telekommunikationsausrüstungen ist.

Dank des Einsatzes von künstlicher Intelligenz hat Huawei zum Beispiel dazu beigetragen, dass in China in immer mehr Bergwerken und Häfen Lkw-Fahrer und Kranführer ihre Lkws und Kräne über Computer überwachen und steuern, so dass körperlich schwere manuelle Arbeiten wegfallen und ein größerer Bedarf an qualifizierten Fachleuten besteht.

Beindruckend auch der Besuch beim größten chinesischen Hersteller von Elektrofahrzeugen BYD. Das Unternehmen, das seine eigenen Antriebssysteme, Hochvoltbatterien, Halbleiter, Antriebsmotoren und Motorsteuerungssysteme selbst herstellt, produziert nicht nur Elek­troautos und Plug-in-Hybride (6 Millionen Stück im Jahr 2022), sondern auch elek­trisch betriebene Busse, Lkw und Sattelzüge.

Text und Fotos: Ali Ruckert

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek