Umkehr bei der Gleichstellung: Weibliche Beschäftigte und Automatisierung im öffentlichen Verkehrssektor
Übernommen von der Internationalen Transportarbeiterföderation ITF:
Die ITF hat einen Bericht herausgegeben, der der Frage nachgeht, inwieweit weibliche Beschäftigte im öffentlichen Verkehrssektor überproportional von Stellenabbau und den negativen Auswirkungen der Neuorganisation der Arbeit infolge von Automatisierung und Digitalisierung betroffen sind.
Neue Technologien können für weibliche Verkehrsbeschäftigte Vorteile mit sich bringen, z. B. indem sie neue Beschäftigungschancen eröffnen. Frauen haben bei der Automatisierung jedoch häufig das Nachsehen, da ihre Arbeitsplätze im Fahrscheinverkauf und Kundenservice besonders gefährdet sein können.
Der Bericht untersucht vier Fälle aus verschiedenen Teilen der Welt, wo die Einführung von Automatisierung und bargeldlosem Fahrscheinverkauf bei öffentlichen Verkehrssystemen in der Belegschaft zu einer “Umkehr bei der Gleichstellung” führen. Weibliche Beschäftigte, die im Sektor ohnehin unterrepräsentiert sind, sind vom Verlust von Arbeitsplätzen und den negativen Folgen der Neuorganisation der Arbeit besonders stark betroffen.
Aus einem im Bericht genannten Fallbeispiel geht hervor, dass viele Frauen infolge von Automatisierung finanziell so unter Druck geraten sind, dass sie zwei aufeinanderfolgende Sieben-Stunden-Schichten an einem Tag arbeiten müssen:
“Und wie geht es unseren Kolleginnen? Zuerst dachten wir, dass neue Unternehmen zahle das Doppelte. Diese Frauen arbeiten morgens an einem Ort und nachmittags eine weitere Schicht am anderen Ende der Stadt. Sie schuften sich zu Tode. Und glaubst du, die U-Bahn kümmert das? Denen ist das völlig egal. Dahinter steckt das Gesetz über die Auftragsvergabe. Null Rechte und Sozialleistungen für die Beschäftigten.”
Der Bericht zeigt Beispiele dafür auf, was passiert, wenn Veränderungen auf eine Weise umgesetzt werden, die Genderaspekte nicht berücksichtigt. Er belegt, dass ein Übergang, bei dem bestehende diskriminierende und ausgrenzende Prozesse nicht aktiv hinterfragt werden, diese nur verschärft.
Dazu Claire Clarke, die geschäftsführende Beauftragte für weibliche Verkehrsbeschäftigte und Gleichstellung bei der ITF:
„Häufig werden Genderaspekte bei Diskussionen über Technologie ausgeklammert. Die Gewerkschaften müssen diese neuen Entwicklungen aktiv beeinflussen und dabei auf einen ‚gerechten Übergang‘ achten, um derzeitige und künftige weibliche Verkehrsbeschäftigte aller Altersstufen zu unterstützen.“
„Unser Arbeitsprogramm für weibliche Verkehrsbeschäftigte stellt daher notwendigerweise die ‚Zukunft der Arbeit‘ für Frauen in den Mittelpunkt, insbesondere indem sichergestellt wird, dass neue Technologien, die die Arbeit im Verkehrssektor umgestalten, für weibliche Beschäftigte Verbesserungen bringen, und indem Gewerkschaften dabei unterstützt werden, weibliche Beschäftigte, die von Technologien betroffen sind, zu organisieren.“
Der Bericht legt die von Gewerkschaften umgesetzten Ansätze und Strategien dar und schließt mit einer Reihe von Empfehlungen für Gewerkschaften, die aus der Untersuchung hervorgegangen sind, um Geschlechtergleichstellung im Hinblick auf die Tätigkeit von Frauen und Automatisierung im öffentlichem Verkehr zu fördern.
Hinweise:
Der Bericht enthält die folgenden Fallbeispiele:
- U-Bahn, Santiago (Chile) – automatisierter Fahrkartenverkauf und Schließung von Stationsbüros
- Niederländische Eisenbahn – automatisierter Fahrkartenverkauf und Schließung von Stationsbüros
- Bangkok Mass Transit Authority (BMTA, Busdienste), Thailand – Einführung von bargeldlosem Zahlungsverkehr
- Integriertes Verkehrsnetz (RIT, Busdienste), Curitiba (Brasilien) – Einführung von bargeldlosem Zahlungsverkehr
Er steht auf der ITF-Website zum Download zur Verfügung.