Völlig abgehoben
Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
Nachdem die milliardenschwere US-Pop-Ikone Katy Perry vor einer Woche mit einer Blue Origin Rakete des Raumfahrtunternehmens von Amazon-Gründer und ebenfalls Multimilliardär und Trump-Unterstützer Jeff Bezos in Begleitung fünf anderer, gut situierter, Frauen in den Suborbit flog und dies als großen Schritt für die Frauenbewegung feierte, hagelte es Hohn, Spott, jedoch auch Verärgerung: Während die Masse der Menschen auf dem blauen Planeten im Alltag mit Papierstrohhalmen, auseinandernehmbaren Joghurtbechern oder anderem Unsinn den Eindruck bekommen soll, sie würde das Klima und die Erde schützen, gleichzeitig Strom, Wasser und Nahrung immer unleistbarer werden, zeigen die Superreichen, daß sie jeden Kontakt zur Gesellschaft verloren haben, insbesondere dann, wenn ein zehnminütiger Flug an den Rand des Weltalls als »großer Moment für die Frauenbewegung« gefeiert und nach der Rückkehr der staubige Boden von Texas geküßt wird, als käme man aus einem langen Krieg heim.
Während der ehemalige Präsidentschaftskandidat Senator Bernie Sanders im hohen Alter von Vermont aus die USA bereist, um gemeinsam mit Alexandria Ocasio-Cortez zu erklären, wie die Oligarchen, die superreichen Profiteure, mit Trumps Hilfe sein Land und das Leben von Millionen US-Amerikanern zerstören, tun diese genau das. Während Perry und ihre Freundinnen »Astronauten« gespielt haben, was allein schon von den NASA-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams als schlechter Witz aufgefaßt worden sein dürfte, die bis vergangenen Monat unfreiwillig neun Monate auf der ISS festsaßen, fliegt auch einem anderen Milliardär zurzeit die eigene Besessenheit um die Ohren: Tesla-Boß Elon Musk, der mit seinem »Department of Government Efficiency« (DOGE, in der Abkürzung genannt wie sein Lieblings-Cryptocoin) sprichwörtlich wie im Rausch die Axt an den öffentlichen Dienst, internationale Hilfe, Bildung, den Sozialstaat und die Krankenversorgung setzte, bevor er mit seinem Verhalten nun nicht nur sein eigenes Elektroauto-Unternehmen auf Talfahrt schickte, sondern aufgrund seiner Eskapaden auch beim Präsidenten offenbar zunehmend in Ungnade gefallen ist.
Der Schaden jedoch ist angerichtet. Millionen von Menschen allein in den USA wissen nicht mehr, wie sie den nächsten Tag überstehen sollen und viele Beschäftigte in Musks Tesla-Werken und Niederlassungen weltweit müssen neben der alltäglichen salariats- und gewerkschaftsfeindlichen Situation am Arbeitsplatz nun auch ganz konkret um ihre Jobs fürchten.
Eine vollkommen bizarre Lage: Wie kann es sein, daß eine Handvoll Superreiche die halbe Welt im Griff halten kann, ohne nennenswerte Gegenwehr? Und niemand dürfte allen Ernstes glauben, daß die paar US-Demokraten, die es derzeit wagen, den Mund aufzumachen gegen Trump, nach dessen Abtritt, so dies denn eines Tages passieren wird, im Anschluß die große soziale Revolution anstreben.
Das einzige, was wir hoffen dürfen, ist vielleicht, daß viele Menschen in den USA durch diese Veranstaltungen, die gerade quer durchs Land die Massen zusammenbringen, beginnen, sich mehr mit Politik zu beschäftigen und aus der Lähmung des politischen Systems der US-Käseglocke zu befreien.
Die Welt kann sich nämlich Milliardäre einfach nicht mehr leisten.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek