Spargel Ritter in Bornheim: Rechtswidrige Räumung droht

Seit dem 15. Mai 2020 befindet sich ein Teil der Belegschaft der Claus und Sabine Ritter GbR in Bornheim im Streik um die Auszahlung der ihnen zustehenden Löhne. Nach sechs Tagen Streik und einer Lohnauszahlung für einen Teil der rumänischen Arbeiter*innen, verkündete am 21. Mai die rumänischen Arbeitsministerin bei einem Besuch vor Ort, sie habe sich mit dem verantwortlichen Insolvenzverwalter Schulte-Beckhausen auf ein Drei-Punkte-Programm verständigt. Dieses beinhalte die Auszahlung aller noch offenen Lohnansprüche, die Organisierung der Heimreise von Arbeiter*innen auf Kosten der rumänischen Regierung sowie die Vermittlung von Arbeiter*innen an andere Höfe mit Hilfe des Bauernverbandes.

Nachdem am 22. Mai weitere Löhne ausgezahlt wurden, brach ein Teil der Arbeiter*innen auf, um die Arbeits- und Unterbringungsbedingungen in anderen Betrieben zu prüfen. Andere Arbeiter*innen haben die Heimreise angetreten. Ein dritter Teil der Belegschaft verblieb in der von Security kontrollierten kasernierten Containeranlage, in der die rumänischen und einige polnische Beschäftigte untergebracht sind.

Alle rumänischen Arbeiter*innen bei Ritter sind derzeit im Besitz jeweils eines gültigen Arbeits- und eines Mietvertrages. Weder wurden bislang von der Firma Claus und Sabine Ritter GbR die Arbeitsverträge gekündigt, noch erfolgte die notwendige schriftliche Kündigung der Werkswohnungsverträge unter Einhaltung der dafür vorgesehenen gesetzlichen Fristen. Die Arbeiter*innen sind somit nach wie vor reguläre Mieter*innen der Wohnanlage Am Ühlchen 17 in Bornheim, mit allen aus dem deutschen Mietrecht entstehenden Rechten.

Als am Samstag, den 23. Mai eine Gruppe von sieben Arbeiter*innen zur Unterkunft zurückgekehrte, wurde ihnen angekündigt, dass sie noch am gleichen Tag die Unterkunft unverzüglich zu verlassen hätten. Die Beschäftigten hatten sich zuvor der Vereinbarung mit der Ministerin folgend, auf einem anderen Hof über die dortigen Bedingungen informiert. Im Anschluss hatten sie beschlossen, die für sie schlechten Bedingungen dort nicht anzunehmen und stattdessen zunächst in ihre Werkswohnungen zurückzukehren.

Die vor Ort anwesenden Mitglieder der Gewerkschaft „Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union“ (FAU), die über viele Mitglieder unter den Beschäftigten verfügt, erfuhr zudem, dass einige sich in den Unterkünften befindliche Arbeiter*innen das Gelände verlassen sollten.

Für keine der Werkswohnungen liegt ein gerichtlicher Räumungstitel vor, der dem Betreiber oder dessen Security irgendein Recht verschaffen würde, den Arbeiter*innen den Zugang zu ihren Wohnräumen zu untersagen, geschweige denn, ihnen den Zugriff zum vergitterten Gelände zu verweigern, das an Wohnanlagen für chinesische Wanderarbeiter*innen erinnert.

Es steht für die kommenden Tage zu erwarten, das weitere Gruppen von Arbeiter*innen, die sich derzeit über die Bedingungen auf anderen Höfen informieren, zur Unterkunft und ihren Wohnungen zurückkehren werden. Wir befürchten, dass der Betreiber auch hier versuchen wird, das gesetzlich verbriefte Mietrecht zu unterlaufen.

Währenddessen ging bei der Claus und Sabine Ritter GbR die Erdbeerernte mit eigenen Arbeitskräften weiter. D.h. sowohl bis zu 200 aus Deutschland stammende Hilfskräfte, die vom Insolvenzverwalter im April angeworben wurden (https://www.youtube.com/watch?v=aIC8r7IPr50), als auch mehrere Dutzend rumänische Arbeiter*innen ernteten in den vergangegen Tagen. Wie die FAU aus Kreisen der einheimischen Arbeitskräfte erfahren hat, haben diese, ebenso wie rumänische Kolleg*innen, sowohl am gestrigen Samstag als auch am heutigen Sonntag in den Folientunnel geerntet.
Im Verlauf des heutigen Abends erfuhren wir davon, dass nun auch die deutschen Feldarbeiter*innen aufgefordert wurden nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen. Das verdeutlicht: Frühestens jetzt wurde die Ernte abgebrochen.
Wir haben erhöhte Sorge, dass der Insolvenzverwalter mithilfe der Security ein weiteres mal versuchen wird Fakten zu schaffen und die in der Containersiedlung wohnenden Menschen vor die Tür setzt, sobald er meint, keine Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die FAU Bonn verurteilt in aller Schärfe den Versuch der Firmenleitung, den Arbeiter*innen unter Bruch des Mietrechts den Zugang zu ihren Wohnungen zu verwehren und sie in die Obdachlosigkeit zu treiben. Sie wird die weitere Entwicklung nicht nur in Bezug auf die Situation an der Wohnlage Am Ühlchen 17 genau beobachten und falls notwendig kurzfristig und entschieden reagieren.

Quelle:

FAU Bonn – Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union