Vorsicht: Privatisierer!

Auch wenn der öffentliche Dienst in der offenbar noch lange nicht ausgestandenen Coronaviruskrise zumindest in Sonntagsreden allenthalben von Premier Bettel und seinen Ministerinnen und Ministern gelobt wird, lautet das Credo der mehrheitlich neoliberalen DP weiterhin: »Privat vor Staat«.

Und die jeweiligen Koalitionspartner dieser regierenden Neoliberalen machen diesen auf rücksichtslose Privatisierung abzielenden Kurs mit. So war es beim Gesetzesprojekt 7662, mit dem es der neoliberale Erziehungsminister in einem ersten Schritt ermöglichen wollte, die Direktionen der vier Fachlyzeen mit Personen aus dem Privatsektor zu besetzen, die unter anderem über keine pädagogische Ausbildung verfügen und die drei offiziellen Landessprachen nicht beherrschen müssen.
Hier hielten LSAP und Gréng still, und es bedurfte abermals einer geschlossenen Gewerkschaftsfront, um Meischs Privatisierungswut wieder etwas zu kühlen, bis er schließlich vergangene Woche erklärte, das Gesetzesprojekt 7662 werde auf Eis gelegt.

Aber das Ganze funktioniert auch mit der CSV, die zusammen mit der DP von Bürgermeisterin Polfer den Schöffenrat in der Hauptstadt stellt. Während die Gemeinderäte der Oppositionsparteien am Knuedler aus allen Wolken fielen, als RTL Radio Lëtzebuerg am Mittwochabend meldete, im Bahnhofsviertel und in der Oberstadt würden zunächst im Dezember und Januar private Sheriffs eingesetzt, um »Präsenz« gegenüber Drogenhändlern zu zeigen, beeilte sich die CSV in der Hauptstadt dem Bistumsblatt mitzuteilen, das sei doch »nichts Neues«.

Es ist aber etwas Anderes, Herr Hauptstadtschöffe Wilmes, auf der Schobermesse, einer Braderie, einem Weihnachtsmarkt oder einer anderen Veranstaltung der Gemeinde private Sicherheitsleute einzusetzen, die dabei helfen sollen, einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung sicherzustellen, als zu glauben, man könne Privatsheriffs – in welcher Form auch immer – zur Bekämpfung von Drogen- und der damit einhergehenden Beschaffungskriminalität durch Suchtkranke einsetzen.
Gut, daß die FGFC, die Gewerkschaft der Gemeindebeamten, schnell reagiert und noch am Donnerstag in einer Stellungnahme ausdrücklich bekräftigt hat, sie sei »gegen die Privatisierung der öffentlichen Sicherheit«.

Offenbar scheint auch der für Letztere zuständige grüne Minister Henri Kox nicht bereit zu sein, das staatliche Gewaltmonopol der Privatisierungswut einiger regierender DP-Politiker zu opfern. Der Vorstoß sei auch weder mit ihm noch mit der Generaldirektion der Polizei abgesprochen worden, erklärte Kox gegenüber RTL.

Bleibt zu hoffen, daß der Polizeiminister, die von der LSAP gestellte Innenministerin Taina Bofferding oder das Verwaltungsgericht sich der Sache annehmen, und noch verhindern, daß ab Dienstag nächster Woche private Sheriffs »mit Schutzhunden«, wie »wort.lu« schreibt, im hauptstädtischen Bahnhofsviertel und in der Oberstadt auf Streife gehen, obwohl sie über keinerlei polizeiliche Befugnisse verfügen, nicht entsprechend ausgebildet wurden und letztlich auch nicht dem »Deontologiekodex« der Polizei verpflichtet sind, auf den die Regierung doch so stolz ist.

Oliver Wagner

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Unser Leitartikel: <br/>Vorsicht: Privatisierer!