Index-Rettung mit Aussetzern?

Während sich am Donnerstag der OGBL als größte der drei national repräsentativen Gewerkschaften noch mit einer Bewertung zurückhielt, zeigten sich einerseits der Patronatsdachverband UEL, aber andererseits auch die Staatsbeamtengewerkschaft CGFP und der LCGB mit den bisherigen Ergebnissen der zweitägigen Tripartiteverhandlungen mit der Regierung zufrieden.

UEL-Präsident Michel Reckinger sagte Radio 100,7, die Patronatsseite sei schon jetzt einverstanden mit den am Vortag von der Regierung im Senninger Schloß vorgeschlagenen Maßnahmen. Um am Donnerstag nächster Woche ein definitives Tripartiteabkommen zwischen Regierung, Patronat und Gewerkschaften unterschreiben zu können, müsse aus Sicht des Patronats »nichts mehr geklärt werden«. Reckinger begrüßt vor allem, daß der Indexmechanismus in diesem und im kommenden Jahr dahingehend manipuliert werden soll, daß pro Jahr jeweils nur eine Indextranche zum Tragen kommen soll.

Führt die derzeit hohe Inflation dazu, daß eine zweite oder gar eine dritte Tranche erfällt, so sollen sich diese jeweils erst mit einer mehrmonatigen Verzögerung auf dem Lohnzettel niederschlagen. Zwar sind für die Bezieher niedriger und mittlerer Löhne und Gehälter Kompensationen geplant, doch sollen diese in Form von Steuerkrediten aus dem Staatsbudget bezahlt werden, zu dem die Schaffenden bekanntlich am meisten beitragen.

Dennoch heißt es in einer gestern veröffentlichten Presseerklärung der CGFP, ihr sei es in einem »konstruktiven« Verhandlungsklima während der Dreiergespräche gelungen, »jegliche Angriffe auf den Indexmechanismus« abzuwehren. »Der ausgehandelte Kompromiß zielt darauf ab, sowohl die Kaufkraft der Bürger zu wahren als auch die Unternehmen zu entlasten.« Die Regierung habe »eingelenkt« und davon abgesehen, das Indexsystem einzuschränken oder gar abzuschaffen, und das Patronat habe »trotz des anfänglichen Widerstands« erklärt, die für April anstehende Indextranche werde »pünktlich ausgezahlt«.

Wenn der Statec Recht behält und bereits im August noch eine Indextranche erfällt, so soll diese nicht wie gesetzlich vorgeschrieben im September, sondern erst im April nächsten Jahres ausbezahlt werden, und jede weitere 2023 und 2024 erfallende Indextranche soll nach derzeitigem Verhandlungsstand erst mit einjähriger Verspätung zum Tragen kommen.

Auch der LCGB lobte bereits gestern das »konstruktive Klima« der Verhandlungen in einer Presseerklärung. Darin hätten die »Sozialpartner« ein Maßnahmenpaket geschnürt, mit dem »die Kaufkraft der Bürger« erhalten und angesichts gestiegener Energiepreise der »Fortbestand der Unternehmen« gesichert werde. Angesichts der angekündigten Kompensationen könne man mit einer »Verlegung der voraussichtlichen Indextranche von August 2022 auf April 2023« leben.

Unklar blieb bis zu unserem Redaktionsschluß, wie sich der OGBL zum anvisierten Maßnahmenpaket positionieren wird. Jedoch hatte die größte Gewerkschaft im Privatsektor erst am Dienstag eine mit »Wahrheiten und Lügen über den Index« betitelte Broschüre veröffentlicht, in der es heißt, der OGBL habe sich schon gegen die »Indexmanipulationen« von 2006 bis 2013 »gewehrt« und werde das »auch weiterhin tun«. Das normale Funktionieren des Indexmechanismus müsse beibehalten werden. So habe es die Dreierkoalition 2018 in ihren zweiten Koalitionsvertrag reingeschrieben und noch während der Tripartiteverhandlungen im Dezember 2021 bekräftigt. Die Einsparungen für Unternehmen und Staat dank der Indexmanipulationen zwischen 2006 und 2013 liegen laut OGBL »in der Größenordnung von über einer Milliarde Euro«.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek