Das Recht des »weißen Mannes«

Die am Sonntag bekanntgewordenen EU-Pläne, in Kürze Soldaten und Polizisten in vier Länder am Golf von Guinea zu schicken, besagen: In Westafrika macht der Westen mit Kolonialkriegen, Terrorsponsoring und gewaltsamer Beseitigung unabhängiger Regierungen so weiter wie bisher. Ob Öl in Libyen, Uran in Niger oder Gold in Mali – das Recht des »weißen Mannes« auf alleinige Ausbeutung von Bodenschätzen wird mit Militärschlägen verteidigt, damit die einheimischen Habenichtse da bleiben, wo sie sind: ganz unten.

Seit der Erfindung von »Al-Qaida in der Sahara« durch die CIA in den Neunzigern, sorgen westliche Kommandos und ganze Armeen dafür, daß die Bevölkerungsgruppen am Südrand der Wüste systematisch gegeneinander aufgebracht werden. Den entscheidenden Schub erhielt der importierte Terror durch die Zerstörung Libyens, die als Privatkrieg der Herren Sarkozy und Cameron gegen Muammar Al-Ghaddafi 2011 begann. Sie päppelten gemeinsam mit Obama und Hillary Clinton Kopfabschneider als Bodentruppen des NATO-Luftkrieges auf. Das hatte im Afghanistan der 80er Jahre gegen die Sowjetunion funktioniert, später im Irak und in Syrien nicht ganz – immerhin ist jedoch in diesen Ländern Staatlichkeit weitgehend zerstört. Unbotmäßigkeit war dort einmal.

Die Strategie hat den Namen »kontrolliertes Chaos«, das heißt soweit dort etwas zu holen ist, sind autonom handelnde Regierungen höchstens hinderlich. Und wenn es nur einige hundert USA-Soldaten sind, die dafür sorgen, daß syrisches Öl an den IS und dessen Sponsor Erdogan gelangt. Analog geht Frankreich in Mali, Burkina Faso und Niger vor. Dort kursieren viele Berichte, daß Frankreich mit »Jama’at Nusrat al-Islam wal-Muslimin«, dem regionalen Zweig des Dschihadismus, kooperiert.

Parallelen zum NATO-Krieg in der Ukraine, der 2014 mit Terrorattacken ukrainischer Faschisten unter SS-Symbolen begann, sind kein Zufall. In Westafrika kommt zu all dem noch hinzu: Migranten Richtung EU sollen gefälligst in der Wüste verdursten oder im Mittelmeer ertrinken, auch in dieser Hinsicht hat die Friedensnobelpreisträgerin EU eine Mordmission. Die Vorabmigrantenabwehr im Sahel haben sogenannte Milizen übernommen – der EU nützliche Kriminelle, die gern zu Terror greifen.

Die geplante Truppe der Westeuropäer hat allein den Auftrag, dieses Mord- und Totschlagregime zu sichern und bei Gelegenheit mißliebige Regierungen, die sich auflehnen, zu beseitigen. Und vor allem: Chinas Angebote für wirtschaftlichen Aufbau nicht zum Zug kommen zu lassen.

Es gilt wie 1853 Karl Marx: »Die tiefe Heuchelei der bürgerlichen Zivilisation und die von ihr nicht zu trennende Barbarei liegen unverschleiert vor unseren Augen, sobald wir den Blick von ihrer Heimat, in der sie unter respektablen Formen auftreten, nach den Kolonien wenden, wo sie sich in ihrer ganzen Nacktheit zeigen.« Regelbasiert und wertegeleitet.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek