Tsipras will den Kapitalismus noch besser verwalten

Alexis Tsipras an der kurzen Leine der EU. Grafik: DonkeyHotey / flickr (CC BY-SA 2.0)Die Aufregung hielt sich in Grenzen, als der griechische Premierminister am Donnerstagabend zur besten Sendezeit über sämtliche TV-Kanäle des Landes seinen Rücktritt ankündigte. Kein Entsetzen bei den führenden Politikern der EU, keine Krisensitzungen bei der Europäischen Zentralbank oder der Eurogruppe. Aus gutem Grund. Die Flucht nach vorn in Richtung Neuwahlen war nicht nur von langer Hand vorbereitet und über die entsprechenden Kanäle diskret, aber deutlich durchgesickert. In den politischen Führungsetagen der EU und der wichtigsten Mitgliedstaaten war man schon längst zu dem Schluß gekommen, daß dieser Schritt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die beste Garantie dafür ist, daß alles so weitergehen kann wie bisher.

Die sogenannte Radikale Linke Griechenlands, das seit den vorigen Wahlen zu einer Partei zusammengekittete Wahlbündnis SYRIZA, verfolgt unter der Führung von Alexis Tsipras ein Ziel: Übernahme der Regierung und vor allem des Chefsessels, und das um jeden Preis. Dafür wurden alle Register der Demagogie gezogen, wurde den Wahlberechtigten in Griechenland der Himmel auf Erden versprochen. Griechenland sollte aus den Fängen der »Troika« befreit werden, das Schuldenproblem sollte quasi im Handumdrehen gelöst werden, es werde mehr Arbeitsplätze und mehr Lohn geben, und natürlich auch höhere Renten, und Privatisierungen von Staatseigentum wollte SYRIZA verhindern oder sogar rückgängig machen. Alles das ist nachzulesen in den Wahlversprechungen und dann auch noch im Regierungsprogramm.

Eingetreten ist genau das Gegenteil. Und nicht nur das. Tsipras hat es sogar geschafft, ein mehrheitliches Nein der Wähler zu den Auflagen der »Troika« – die in »die Institutionen« umgetauft wurde – innerhalb von Stunden in ein Ja zu noch härteren Auflagen zu verwandeln. Diese Auflagen dann auch noch akzeptiert zu haben, interpretiert der »Hoffnungsträger« vieler gutmeinender Linker in Europa dann auch noch als Erfolg seiner Verhandlungen.

Wegbegleiter und Wegbereiter wurden bereits reihenweise entsorgt. Der nächste Schritt auf diesem Weg sind die von Tsipras angestrebten Neuwahlen im September, zu denen es nach seinem Rücktritt faktisch keine Alternative gibt. Innerparteiliche Aufmucker haben keine Chance, auf die Kandidatenliste zu kommen. Schon seine Rücktrittsrede war eine Wahlkampfrede, in der er gleich wieder seine angebliche Vision von einem »sozial gerechten Europa« von der Kanzel predigte. Bisherige Umfragen lassen vermuten, daß SYRIZA erneut als stärkste Kraft aus dem nur vierwöchigen Wahlkampf hervorgehen wird. Und in seiner zweiten Amtszeit – damit rechnen vor allem die Bestimmer in EU-Europa – wird Tsipras dann mit einem erneuerten Mandat die verschärften Austeritätsmaßnahmen durchsetzen, die bisher auf den Herbst verschoben worden waren. Der Ausverkauf Griechenlands, das Ausbluten der Wirtschaft werden noch konsequenter fortgesetzt, den arbeitenden Menschen, den Arbeitslosen, den Rentnern wird noch tiefer in die Tasche gegriffen.

Die deutsche Partei Die Linke erklärte gestern, »die Linke in Deutschland und Europa« werde weiterhin »solidarisch hinter Alexis Tsipras« stehen, der angeblich der EU den Kampf angesagt habe. Es ist an der Zeit zu erkennen, daß die Politik von SYRIZA lediglich eine Kampfansage gegen die Arbeiterklasse und alle Lohnabhängigen darstellt, denn Herr Tsipras hat in den wenigen Monaten seiner Regierungszeit bewiesen, daß er den Kapitalismus nicht nur anders, sondern sogar besser verwalten will als seine Vorgänger. Dazu will er jetzt eine weitere Amtszeit.

Ein Kommentar von Uli Brockmeyer im Organ der KP Luxemburg, Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek