Mit der einen Hand geben, mit der anderen nehmen

ZLV Zeitung vum Letzeburger Vollek
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Bisher sind lediglich »Eckwerte« des Koalitionsprogramms von CSV und DP bekannt. Laut Regierung soll das 209 Seiten starke Programm ab Montag im Internet zu finden sein, bevor Premierminister Frieden eine Regierungserklärung in der Chamber abgeben wird, und das Regierungsprogramm für die nächsten Jahre von der Chamber abgesegnet wird.

Das heißt, dass noch gewartet werden muss, bevor das Koalitionsprogramm umfassend eingeschätzt und kommentiert werden kann. Doch selbst das sagt längst nicht alles über die zukünftige Regierungspolitik aus, denn aus Erfahrung ist gewusst, dass Koalitionsprogramme und die Politik, die während der nachfolgenden Jahre folgt, keineswegs identisch sind.

Wer erinnert sich nicht daran, dass DP, LSAP und die Grünen eine »umfassende Steuerreform« in ihrem Regierungsprogramm angekündigt und versprochen hatten, es werde zu keinen Steuererhöhungen kommen.

Tatsächlich gebar der Berg im Steuerbereich dann nur eine Maus, und die Behauptung, es werde keine Steuererhöhungen geben, war von Anfang an eine glatte Lüge, nicht nur weil eine CO2-Steuer eingeführt wurde, sondern weil DP, LSAP und Déi Gréng abgemacht hatten, dass es keine automatische Anpassung der Steuertabelle an die Inflation geben werde, sodass die Schaffenden und Rentner wegen der »kalten Progression« deutlich mehr Steuern zahlen mussten.

Die Ankündigung des CSV-Premierministers, es werde keine Sparpolitik und erst recht keine Austeritätspolitik geben, ist denn auch mit Vorsicht zu genießen – auch, weil er diese Aussage selbst relativierte, indem er sagte, man wisse nicht, was in den nächsten Jahren alles auf das Land zukommen werde, und da müsse die Regierung dann reagieren.

So viel steht immerhin fest, dass auch die neue Regierung – anders als das zum Beispiel von Gewerkschaften und der KPL gefordert wird – keine automatische Anpassung der Löhne und Renten an die Inflation vornehmen wird, sondern sich darauf beschränken will, den Menschen nur einen Teil der Kaufkraft, die ihnen während der vergangenen Jahre geklaut wurde, zurückzugeben. Dazu soll die Steuertabelle zum 1. Januar 2024 um vier Indextranchen bereinigt werden. Davon gehen allerdings bereits 2,5 Indextranchen auf eine Entscheidung der vormaligen Dreierkoalition zurück, und die CSV/DP-Regierung belässt es bei zusätzlichen mickrigen 1,5 Indextranchen.

Kurzfristig ist das für die Kaufkraft der Schaffenden positiv, aber was die Regierung mit der einen Hand gibt, wird sie mit der anderen stückchenweise wieder zurücknehmen, weil sie sich einer automatischen Anpassung der Steuertabelle an die Preisentwicklung verweigert. Das wird zur Folge haben, dass es beim Erfall von Indextranchen automatisch zu Steuerhöhungen und damit zu einem Rückgang der Kaufkraft kommen wird, es sei denn, nach 2024 wird der Index erneut manipuliert, was ein zusätzlicher Kaufkraftverlust bedeuten würde.

Nicht für alle natürlich, denn Gewinner bei solchen Manövern ist immer das Kapital, das sich gelegentlich der Indexmanipulation von 2022 über ein Geschenk in Höhe von Hunderten von Millionen Euro freuen konnte.

Man darf daher gespannt sein zu erfahren, was sich die neue CSV/DP-Regierung, zusätzlich zur geplanten Senkung der Körperschaftssteuer für Betriebe auf OECD-Durchschnitt, alles einfallen gelassen hat, um die bisherige Umverteilungspolitik zugunsten des Kapitals fortzusetzen.

Das ist immerhin bereits ein Indiz dafür, dass die himmelschreienden Ungleichheiten zwischen Kapital und Arbeit weiter wachsen werden, und dass die Umverteilungskämpfe härter werden könnten.

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek