#BildNotWelcome: FC St. Pauli lässt Hetzblatt abblitzen

Es gibt viel Unsinn, der über den Hamburger Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli verbreitet werden könnte. Aber dass er und seine Anhänger kein Herz für Flüchtlinge hätten und sich nicht gegen Rassismus engagieren würden, gehört sicherlich nicht dazu. Und doch meinte »Bild«-Chef Kai Diekmann am heutigen Mittwoch, den Kultverein anpinkeln zu müssen. »Darüber wird sich die AfD freuen: Beim FC St. Pauli sind Refugees not welcome« und »Kein Herz für Flüchtlinge: Schade eigentlich, FC St. Pauli! St. Pauli boykottiert ›WIR HELFEN‹« verbreitete er über den Internetdienst Twitter.

Hintergrund der Aufregung ist, dass sich der Kiezclub nicht an der verlogenen »Bild«-Kampagne für Flüchtlinge beteiligen will. Der neueste Coup des Blattes, das sich momentan eine Auszeit von seiner üblichen rassistischen Hetze genommen hat: Am kommenden Wochenende sollten alle Vereine der Ersten und Zweiten Bundesliga mit dem Logo der »Bild«-Aktion am Ärmel auflaufen. Dort ist normalerweise das Symbol des »Hermes«-Versands zu sehen, der die bezahlte Fläche dafür zur Verfügung stellte. So sollte die Solidarität mit den in Deutschland Schutz suchenden Menschen als Werbegag missbraucht werden.

Das Millerntor sagte ab. Man werde nicht an der von der Deutschen Fußball Liga, Hermes Logistik und »Bild« initiierten Aktion teilnehmen. Auf seiner Homepage teilte der Verein mit: »Darüber informierte der Club am Mittwochvormittag alle beteiligten Parteien. Mit Verwunderung haben die Verantwortlichen des FC St. Pauli zur Kenntnis genommen, dass das vertrauliche Schreiben an die Bild-Zeitung von dieser genutzt wurde, die Absage des FC St. Pauli negativ in der Öffentlichkeit darzustellen.«

In einer Stellungnahme ergänzte der kaufmännische Geschäftsleiter Andreas Rettig die Beweggründe des FC St. Pauli: »Der FC St. Pauli ist seit vielen Wochen auf verschiedenen Ebenen zu einem Thema, das seit Monaten alle emotional bewegt, aktiv, um den Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, zu helfen. Unser Testspiel gegen Borussia Dortmund, das private Engagement unserer Spieler sowie verschiedenste Aktionen unserer Fans und Abteilungen für die Flüchtlinge in Hamburg sind Beleg dafür. Daher sehen wir für uns nicht die Notwendigkeit, an der geplanten, für alle Clubs freiwilligen Aktion der DFL teilzunehmen. Hierüber haben wir vorab alle Beteiligten informiert. Der FC St. Pauli steht für eine Willkommenskultur und wir handeln damit auf eine Art und Weise, die unseren Club schon seit Jahrzehnten ausmacht. Wir leisten ganz praktische und direkte Hilfe dort, wo sie gebraucht wird.«

Das NDR-Satiremagazin »Extra 3« kommentierte die Auseinandersetzung zwischen dem »Bild«-Chef und dem Fußballverein prompt: »Kai Diekmann wirft FC St. Pauli vor, gegen Flüchtlinge zu sein? Genauso gut könnte man der BILD Moral und Anstand vorwerfen.« Der Hashtag »#BildNotWelcome stand am Mittwoch an der Spitze der Twitter-Trends. So teilte etwa der Bremer SV mit: »Bei uns haben übrigens schon viele Flüchtlinge mittrainiert, als selbige von einer gewissen Zeitung noch als kriminell dargestellt wurden.«

Das medienkritische Portal Bildblog kommentierte: »Fans des FC St. Pauli standen schon mit ›Refugees welcome‹-Aufnähern und -Transparenten im Stadion, als ›Bild‹ und Bild.de noch gegen Ausländer und Asylbewerber zündelten. Und auch der Verein ist aktiv. Nur zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: Das Freundschaftsspiel vor rund einer Woche gegen den BVB stand unter dem Motto ›Refugees welcome‹, der Verein lud dazu 1000 Flüchtlinge ins Millerntor ein; und vor der Zweitligapartie am Montag sammelte der Klub Hygieneartikel für Geflüchtete. Über das Engagement hat vor Kurzem erst die ›New York Times‹ berichtet. Für Kai Diekmann reicht das alles anscheinend nicht. Solidarität mit Flüchtlingen bedeutet für ihn, sich seinem Blatt zu beugen.«

Quellen: FC St. Pauli, Bildblog / RedGlobe