Covid-19 – Unkomplizierte Angebote statt Impfpflicht

Warum die Covid-Schutzimpfungen wichtig sind, eine Impfpflicht aber dennoch keine gute Lösung ist, erklärt der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ) in einem Kommentar.

Ja, die Covid-Schutzimpfungen sind das wichtigste Instrument in dieser Pandemie, die unsere Gesellschaft schon viel zu lange im Griff hat. Die Impfungen senken die Gefahr schwerer Krankheitsverläufe, minimieren die Infektiosität und verhindern gerade in der jetzigen dramatischen Infektionswelle unsagbares menschliches Leid, viele weitere Todesfälle und (noch!) eine Überlastung unseres Gesundheitswesens.

Um den Anteil geimpfter Menschen auch auf lokaler Ebene zu heben, haben wir in den vergangenen Monaten eine ganze Reihe an niederschwelligen Impfangeboten in der Stadt Graz organisiert: In Stadtteilzentren, im Orpheum, mittels Impfbus am Lendplatz, in Bibliotheken, in der Moschee, in der Josefkirche oder in Studierendenheimen. Noch vor der freien Verfügbarkeit der Impfstoffe haben wir Aufklärungsgespräche organisiert, bei Vereinen, in Kirchen oder im Volkshaus. Dabei haben wir vielfach die Erfahrung gemacht, dass das direkte Gespräch und ein unkompliziertes Angebot Sorgen nehmen und Barrieren abbauen können – gerade auch bei Menschen, die einer Impfung anfangs skeptisch gegenüberstanden. Wenn die Nachbarin oder der Arbeitskollege sich impfen lassen, überzeugt das mitunter mehr, als der erhobene Zeigefinger aus Politik und Medien.

Zugleich mussten wir aber auf Bundesebene erleben, wie die Impfkampagne über den Sommer weitestgehend „eingeschlafen“ ist, nachdem die Zuständigkeit dafür vom Roten Kreuz auf die Bundesregierung überging. Die ÖVP als führende Partei dieser Bundesregierung plakatierte gar die Losung „Die Pandemie gemeistert“, versehen mit einem Bild des damaligen Bundeskanzlers Kurz. Dieses Plakat steht sinnbildlich für die Versäumnisse im Pandemie-Management, welches viel zu oft parteitaktischen Überlegungen statt wissenschaftlicher Expertise folgte. Die Ergebnisse dieser Politik sind bekannt – und müssen einmal mehr zuvorderst von den Beschäftigten im Gesundheitswesen getragen werden, die seit über einem Jahr an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gehen müssen.

Dennoch halte ich die nun angedachte Einführung einer Impfpflicht für keine gute Lösung, signalisiert sie doch die weitere Abkehr der Bundesregierung von Aufklärung, Überzeugungsarbeit und niederschwelligem Angebot, sondern setzt auf verpflichtende Verordnungen von oben. In der gegenwärtigen Stimmung, in der die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung das Pandemie-Management der Regierung als sehr schlecht oder schlecht beurteilt, sollte man durch solche Maßnahmen nicht weiter Vertrauen verspielen. Druck erzeugt schließlich Gegendruck, der einem kleinen Kern von überzeugten Impfgegnerinnen und politischen Zündlern viel (unnötigen) Wind in die Segel bringt, wovon auch die gestrigen Demonstrationen in Wien zeugen. Um aus der gegenwärtigen Krise, die auch eine massive Vertrauenskrise ist, rauszukommen, braucht es keinen erhobenen Zeigefinger, sondern die ausgestreckte Hand – in Zeiten wie diesen freilich im übertragenen Sinne.

Eine solche Lösung zeigt Wien vor: Das Bundesland Wien verschickt an 340.000 Menschen, die bisher ohne Impfung sind, einen Brief, der bereits einen persönlichen Impftermin enthält. Um ihn wahrzunehmen, muss der Empfänger bzw. die Empfängerin keine weiteren Schritte unternehmen, sondern einfach in die Impfstraße kommen.

Ich hoffe, dass die dieses Beispiel Schule macht und auch vom Land Steiermark übernommen wird. Wir werden als KPÖ Steiermark diese Vorgehensweise vorschlagen und einfordern, weil wir davon überzeugt sind, dass dieses offene Angebot effektiver ist als jede Form der Verpflichtung.

Quelle: KPÖ Graz – Covid-19 – Unkomplizierte Angebote statt Impfpflicht