FIR: Gegen Kriegsgefahr – für eine neue europäische Sicherheitsarchitektur

Ukraine

Seit drei Monaten hören wir von den Sprachrohren der NATO und der US-Regierung, dass angeblich Russland das Nachbarland Ukraine überfallen wolle. Die ukrainische Regierung erklärte, dass bereits Ende November 2021 der Einmarsch russischer Truppen erfolgen werde. Als das nicht geschah, verkündeten amerikanische Geheimdienstkreise, Russland müsse erst noch seine Truppen an der Grenze verstärken, bevor der Überfall beginne. Als Belege wurden Luftbildern gezeigt, die seit damals immer wieder als „Beweis“ für russische „Aggression“ herhalten müssen. Alle Erklärungen der russischen Regierung für diese Situation wurden pauschal als „unglaubwürdig“ zurückgewiesen. 
Um diese propagandistische Eskalation zu beenden, legte die russische Regierung Ende vergangenen Jahres ihre Vorschläge für eine Lösung dieses Konfliktes nicht nur der NATO und den USA vor, sondern machte sie öffentlich, damit niemand behaupten kann, man wisse nicht, welche Vorschläge Russland für die Beilegung des Konflikts gemacht habe.

Die „Antworten“ der USA, der NATO und auch der Europäischen Union, bezogen sich nicht auf die Vorschläge, sondern waren eine permanente Steigerung der Drohungen, Russland werde einen „hohen Preis“ zahlen, wenn es die Ukraine angreife. Beweise für den Angriffswillen Russlands ersparte man der Öffentlichkeit, stattdessen zeigten die Medien bewegte Bilder von Panzertransporten irgendwo in Russland, manchmal wurde eingestanden, dieses Material stamme von „Bellingcat“, einer NATO-PR-Agentur mit Sitz in den Niederlande. Die propagandistische Eskalation wurde so weit getrieben, Termin und Uhrzeit des „geplanten Überfalls“ über die britischen Medien zu verbreiten – es war Mittwoch vergangener Woche.

Die Ukraine selber forderte von der NATO und allen westeuropäischen Staaten Kriegsmaterial und drohte gar mit einem Atomkrieg. Bei dieser Eskalation gewinnt man seit Wochen den Eindruck, dass Politiker und Medien einen Krieg herbeireden wollen. Zudem verdeckt die ukrainische Regierung unter dem Kriegsgetöse die Nichtumsetzung ihre Verpflichtungen aus den Verträgen von Minsk II seit 2015.

Vor diesem Hintergrund hat die russische Regierung auf Beschuss der Staatsduma entschieden, die Volksrepubliken Donezk und Lugansk als selbstständige Staaten anzuerkennen. So begründet diese Entscheidung auch sein mag, sie führt jedoch nicht zur notwendigen Deeskalation und zu politischen Lösungsschritten.

Aus der Sicht der FIR gibt es jedoch eine Lösung für dieses Problem, an dem alle Seiten aktiv mitarbeiten können:

Eine propagandistische Deeskalation und Vorbereitung einer europäischen Sicherheitskonferenz im OSZE-Format, in der vertragliche Vereinbarungen abgeschlossen werden, die den Sicherheitsinteressen aller Staaten in Europa entsprechen.

Wer keine russischen Mittelstrecken in Kaliningrad will, muss auch vertraglich zusagen, keine an anderer Stelle nahe der russischen Grenze zu positionieren.

Wer will, dass russische Truppen nahe der eigenen Grenzen abgezogen werden, der darf keine NATO – Truppen an seiner eigenen Grenze vorsehen.

Wer keine politisch-militärische Eskalation in Europa will, der muss verhindern, dass die NATO sich – entgegen aller politischen Absprachen – weiter nach Osten ausdehnt.

Wer eine Deeskalation der Lage will, muss zurückkehren zu vertrauensbildenden Maßnahmen (wie z.B. dem open sky-Abkommen), den Prinzipien der NATO-Russland-Grundakte von 1997 und zu echten Rüstungsbegrenzungs- und Abrüstungsverträgen, die durch die USA einseitig gekündigt worden sind.

Nicht gefährliche Drohgebärden und Aufrüstung der Ukraine, sondern Diplomatie, eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur und der erkennbare Wille zur Abrüstung sind in dieser Situation nötig.

Die FIR und ihre Mitgliedsverbände haben schon vor mehreren Jahren die Forderung nach einer neuen Entspannungspolitik erhoben. Dies ist aktueller denn je. Dafür müssen sich die Friedenskräfte in allen europäischen Ländern öffentlich einsetzen.