Stellungnahme der VVN-BdA zur Klage der Bundesregierung gegen Italien von dem Internationalen Gerichtshof

Vor wenigen Tagen erst wurde in Italien der 77. Jahrestag der Befreiung, das Ende der faschistischen Herrschaft und der deutschen Besatzung gefeiert. Nun zeigt die deutsche Bundesregierung – ungewollt – wie wichtig das politische Erinnern an dieses Ereignis ist, indem sie Italien vor dem Internationalen Gerichtshof wegen der Zulassung von Klagen von Opfern der deutschen Besatzungspolitik und ihren Angehörigen auf Entschädigung verklagte.

Damit stellt sie sich in die skandalöse Tradition aller bisherigen Bundesregierungen, die – mehrfach juristisch geprüften – berechtigten Interessen der Opfer der deutschen Besatzungspolitik in Italien und anderen Ländern sowie ihrer Angehörigen grundsätzlich zurückzuweisen. Seit Jahrzehnten weigern sich alle deutschen Regierungen, Entschädigungsansprüche anzuerkennen, nicht weil die historischen Fakten in Zweifel zu ziehen wären, sondern weil man die Verantwortung für diese Verbrechen nicht übernehmen will. Die Opfer und ihre Angehörigen sind aber nicht bereit,  sich damit abzufinden und haben den langwierigen juristischen Klageweg immer wieder beschritten – mit Erfolg.

Dem haben alle Bundesregierungen vielfältige juristische Winkelzüge entgegengesetzt und sich zuletzt beim Internationalen Gerichtshof auf Staatenimmunität berufen, um die Haftung für diese Verbrechen zurückzuweisen. Doch die italienischen Gerichte ließen sich davon nicht überzeugen.

Nun will die Bundesregierung mit ihrer Klage die italienische Regierung zwingen, zur Durchsetzung deutscher Interessen in die Unabhängigkeit der italienischen Justiz einzugreifen. Während man zu Recht die polnische Regierung wegen der Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz auf europäischer Ebene kritisiert, soll aber genau das – wenn es um deutsche Finanzinteressen geht – in Italien geschehen. Das fügt dem seit Jahrzehnten andauernden Skandal einen weiteren hinzu.

Eine Lösung kann nur lauten: Anerkennung der Entschädigungsansprüche der Opfer deutscher Besatzungspolitik und Rücknahme der Klage gegen die italienische Regierung vor dem Internationalen Gerichtshof.

Quelle: VVN-BdA