Keine guten Vorsätze zum neuen Jahr

Das neue Jahr hat so begonnen, wie das alte geendet hat. Falls irgendeiner der bestimmenden Politiker der westlichen Welt irgendwelche positiven Vorsätze für 2021 gehabt haben sollte, dann sind die höchstwahrscheinlich schon unter den Teppich gekehrt worden, kaum daß sie ausgesprochen waren.

Der Typ im Weißen Haus in Washington hat wieder einmal den Vogel abgeschossen. Abgesehen davon, daß er dreist genug ist, immer noch in alle Welt zu posaunen, er habe die Präsidentenwahl gewonnen, ließ er sich auch noch bei einem Telefongespräch erwischen, in dem er eine direkte Anweisung an den im Bundesstaat Georgia zuständigen Staatsanwalt durchgibt, 11.780 Stimmen zu seinen Gunsten zu »finden«. Deutlicher läßt sich versuchter Wahlbetrug kaum darstellen.

Schlimmer ist allerdings, daß Trump, Außenminister Pompeo und Konsorten in den letzten Tagen ihrer Regentschaft noch so etliches unternehmen, um die Spannungen in der Welt und ganz konkret im Mittleren Osten weiter anzuheizen. Da sind einerseits die unverhohlenen Drohungen gegen den Iran, die sich ob ihrer Auswirkungen auch gegen den Irak richten, und die wiederholte Rückendeckung für den Aggressorstaat Israel – ein Land, das als die »einzige Demokratie im Mittleren Osten« dargestellt wird, allerdings in Wirklichkeit nicht einmal in der Lage ist, nach drei Wahlen eine funktionierende Regierung zu bilden und wo die Wähler nun innerhalb kurzer Zeit zum vierten Mal an die Wahlurnen beordert werden.

Da schickt Trump seinen schleimigen Außenminister und seinen zum »Berater« ernannten Schwiegersohn noch auf Tour, um in der Region »Fakten« zu schaffen, indem er zum Beispiel das Gebiet der Westsahara entgegen jeglichem Völkerrecht dem marokkanischen König quasi zum Geschenk machen läßt und dafür als Gegenleistung die »Normalisierung« der Beziehungen mit Israel einfordert.

Als wäre das seit über 60 Jahren verhängte totale Embargo nicht schon schlimm genug, läßt sich die ausgediente Trump-Regierung nun auch noch neue Sanktionen gegen Kuba einfallen, diesmal gegen eine kubanische Bank, die angeblich vom kubanischen Militär »kontrolliert wird«, und »vom Militär benutzt wird, um sich durch Transaktionen zu bereichern«. Abgesehen davon, daß es höchst zweifelhaft ist, daß sich Kubas Militär an den Geschäften einer Bank »bereichern« könnte – was ist dann mit sämtlichen Banken in den USA und in aller Welt, die in erster Linie dazu dienen, daß sich diejenigen tatsächlich bereichern, die irgendeinen Anteil daran haben?

Aus dem Lager des »demokratischen« Wahlsiegers, des künftigen USA-Präsidenten Joe Biden, ist indes vor allem Empörung über die jüngsten Anweisungen Trumps zum Wahlbetrug zu hören. So wünschenswert es ist, daß das trumpsche Politchaos endlich aufhört – wer von der neuen Administration eine Außenpolitik des Friedens und der Entspannung erwartet, wird spätestens in einem Jahr um diese Zeit erkennen, daß es für diese Hoffnung keinerlei Grundlage gegeben hat.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang vor allem an die Hoffnungen der deutschen Friedensbewegung, die den Beschluß Trumps zum Abzug von Truppen und Material aus Deutschland als positiven Schritt umgedeutet hatte – obwohl von Trump anders gemeint. Zur Freude aller NATO-Strategen ist inzwischen deutlich abzusehen, daß der neue Präsident diese Entscheidung zurücknehmen wird. Es ist höchste Zeit, sich wirklich gute Vorsätze auszudenken…

Uli Brockmeyer

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Unser Leitartikel: <br/>Keine guten Vorsätze zum neuen Jahr